Donnerstag, 18. August 2022

Übertragbarkeit der sogenannten Drei-Jahres-Lösung auf das Bankrecht

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

Während das Amtsgericht Neuss in seiner Entscheidung vom 24.02.2022 (WM 2022, 1.373 vgl. hierzu Edelmann, BTS, Juni 2022, 49 f.) die Übertragbarkeit der im Energieversorgungsbereich durch den VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof entwickelte und auf eine ergänzende Vertragsauslegung beruhende sog. Drei-Jahres-Lösung auf das Bankrecht im Zusammenhang mit der Rückführung von vermeintlich zu Unrecht vereinnahmten Entgelten abgelehnt hat, sind nicht nur die Ombudsleute des Sparkassenverbandes, sondern auch unterschiedliche Instanzgerichte der hiervon abweichenden Auffassung, dass im Hinblick auf die Vergleichbarkeit beider Fallkonstellationen die sogenannte Drei-Jahres-Lösung auch bei der Rückforderung von vermeintlich zu Unrecht eingenommenen Entgelten durch Kreditinstitute Anwendung finden muss (vgl. AG Groß-Gerau, Urteil vom 01.06.2022, 62 C 209/21 (16); AG Gießen, Urteil vom 07.04.2022, 38 C 337/21; AG Steinfurt, Urteil vom 04.05.2022, 21 C 825/21; AG Weimar, Urteil vom 09.06.2022, 10 C 477/21; AG Bergisch Gladbach, Urteil vom 21.09.2021, 60 C 159/21; so auch Omlor NJW 2021, 2.243, 2.247; Simon, ZIP 2022, 13, 18).

 

Praxistipp

Auch wenn die Rückforderungsansprüche von Bankkunden in Bezug auf von Kreditinstituten vermeintlich zu Unrecht vereinnahmte Entgelte, welche länger als 3 Jahre zurückliegen, auch vor dem Hintergrund der neusten EuGH-Entscheidungen unter Berücksichtigung des Effektivitätsgrundsatzes im Rahmen der Festlegung des Verjährungsbeginns 3 Jahre nach der Belastung des Kunden mit dem Entgelt nach § 199 Abs. 1 BGB verjährt sein dürften (vgl. hierzu AG Neuss, a. a. O.; Edelmann/Schultheiß/Weil, a. a. O; Herresthal, a. a. O), spricht vieles dafür, dass der Kunde sich auch aufgrund der Übertragbarkeit der sog. Drei-Jahres-Lösung auf das Bankrecht auf die Unwirksamkeit des Entgelts dann nicht mehr berufen kann, wenn er den entsprechenden Entgelten nach deren Belastung 3 Jahre lang nicht widersprochen hat. Denn Zahlungsdienstrahmenverträge haben, wie Versorgungsverträge im Energiebereich, einen langfristigen Charakter und werden im Massengeschäft getätigt. Zudem hat das Bankrecht ebenso wie das Energiewirtschaftsrecht das Ziel, eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Schließlich führt die Drei-Jahres-Lösung auch dazu, dass auf der Grundlage einer objektiv – generalisierenden Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen die durch die Unwirksamkeit der Klausel entstandene materielle Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung wiederhergestellt wird.


Beitragsnummer: 21792

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