Dienstag, 17. Januar 2023

Zeitenwende – Die Weltwirtschaft sortiert sich neu

Der Übergang in ein strukturell neues Wachstums- und Inflationsregime bringt Herausforderungen und eine Neubewertung von Investitionsprioritäten mit sich

Prof. Dr. Carsten Wesselmann, Chefvolkswirt, Research, Konjunktur- und Kapitalmarktanalyse, Kreissparkasse Köln

 I. Multiple Strukturbrüche[1]

Die Weltwirtschaft sortiert sich neu. Lang geglaubte Gewissheiten und Sicherheiten befinden sich aktuell im Wandel, der mit erheblichen Auswirkungen für Ökonomie, Politik und Gesellschaft einhergeht. Forciert wurde diese Zeitenwende durch die Corona-Pandemie und den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Doch diese beiden Ereignisse sind nicht die Auslöser dieses Strukturwandels, sie haben lediglich längst im Fluss befindliche Strukturverschiebungen beschleunigt. 

Waren die vergangenen 30 Jahre „geprägt von Globalisierung, Überfluss und strukturell sinkenden Zinsen, […] kehren (nun – Einfügung des Verfassers) geopolitische Spannungen, Knappheiten und Inflation zurück.“[2] Dies verändert das Umfeld, in dem sich private Haushalte, Unternehmen und Staaten bewegen: Lieferketten werden unterbrochen, die Versorgungssicherheit mit bezahlbarer Energie steht infrage, Absatzmärkte verschieben sich, Inflationsraten, die Langzeithochs markieren, führen zu einem erheblichen Kaufkraftverlust, soziale Ungleichheiten verschärfen sich und die gestiegene Unsicherheit lähmt die Wirtschaft.

Die auf die Gesellschaft zukommenden Herausforderungen sind groß und die damit einhergehenden Veränderungen werden Sozial-, Lebens- und Teilhabeverhältnisse spürbar beeinflussen. Dabei dürfte es sich nicht um einen geordneten, linear verlaufenden Prozess handeln, sondern zuweilen um eine zyklische und manchmal vermutlich sogar chaotische Entwicklung. Selbst das Ausmaß der Veränderungen und die davon betroffenen ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Bereiche sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum absehbar. 

Die mit den strukturellen Verschiebungen einhergehenden Veränderungen lassen die Sorgen der Bürger wachsen und die Gesellschaft steht zunehmend unter Stress. In der Folge steigen Unzufriedenheit und Unruhe. Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Volkswirtschaften teilen viele Bürger die Sorge, dass sie sich auf die bisherigen politischen und ökonomischen Ordnungssysteme nicht mehr verlassen können. Der deutliche Stimmengewinn rechts- und linkspopulistischer Parteien und Politiker beispielsweise in Frankreich, Ungarn, Italien, Großbritannien und den USA ist hierfür symbolisch. Statt den Herausforderungen der Zukunft mit demokratischen Strukturen weltoffen und ohne Vorurteile zu begegnen, wird das „Heil“ in markigen Sprüchen, der unreflektierten Identifikation von angeblich Schuldigen, Spaltung, Abwertung des Anderen und anderen primitiven psychischen Abwehrmechanismen gesucht[3]. Die bis dato stabil geglaubte, mehrheitsfähige politische Mitte beginnt zu erodieren und das Risiko einer dysfunktionalen Politik – und damit auch Demokratie – steigt, da die Notwendigkeit einer adäquaten Anpassung an sich permanent ändernde Umweltanforderungen verleugnet wird[4]

Unbestritten ist, dass Gesellschaft und Politik mit stetig wachsenden, komplexen und vielschichtigen Herausforderungen konfrontiert sind. Vier bedeutende Themen kristallisieren sich vor allem im ökonomischen Kontext heraus: 

  • De-Globalisierung 
  • Demografischer Wandel
  • Dekarbonisierung
  • Deficit Spending

Der Übergang in ein strukturell neues Wachstums- und Inflationsregime vollzieht sich in „4D“ und führt zu einer Neubewertung von Investitionsprioritäten, die auch ein Umdenken von Anlegern erfordert.

II. Wirtschaft und Kapitalmärkte in „4D“ 

1. De-Globalisierung [...]
Beitragsnummer: 21854

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