Dienstag, 17. Januar 2023

Geschäftsgeheimnis(schutz), Datenschutz, Bankgeheimnis und Aufsicht

Bedeutung von angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Hinblick auf Datenschutz, Bankgeheimnis und (aufsichts)rechtliche Anforderungen

Dr. Volker Lang, Rechtsanwalt. Der Schwerpunkt des Autors liegt im Bank- und Kapitalmarktrecht, im Datenschutzrecht und im Recht des unlauteren Wettbewerbs

I. Einleitung

Der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist auch in der Kreditwirtschaft seit je her von immenser Bedeutung. Erwägungsgrund 1 der Richtlinie (EU) des Europäischen Parlaments vom 08.06.2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie vor rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (Geschäftsgeheimnis-Richtlinie)[1] betont, dass Know-how und Informationen „die Währung der wissensbasierten Wirtschaft [sind], die einen Wettbewerbsvorteil schafft“. Der Geheimnisschutz kommt daher vor allem zum Tragen, wenn Immaterialgüterrechte wie Patente, Gebrauchsmuster, Marken, Urheberrechte und sonstige Schutzrechte nicht in Betracht kommen[2].

Banken und Sparkassen verfügen über eine Vielzahl von Informationen, die ohne Weiteres als Geschäftsgeheimnis zu qualifizieren sind. Neben bestimmten, eigens konzipierten Bankprodukten gehören hierzu Marketing-, Beratungs- und Schulungskonzepte, rechtliche und betriebswirtschaftliche Analysen und Dokumentationen, Vertragswerke, Marktforschungsergebnisse sowie individuelles Know-how im Organisations-, IT-[3] und Vertriebsbereich. Besonders hervorzuheben sind vor allem Kundenlisten und Kundendaten.

War der Geheimnisschutz ursprünglich in den §§ 17 bis 19 UWG a.F. festgeschrieben, wurde der Geschäftsgeheimnisschutz mit der Richtlinie (EU) des Europäischen Parlaments vom 08.06.2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie vor rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (Geschäftsgeheimnis-Richtlinie)[4] neu geordnet. Nunmehr findet sich eine gesetzliche Definition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses. Seit dem 26.04.2019 gilt das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor unredlichem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (Geschäftsgeheimnisgesetz – GeschGehG), das am 25.04.2019 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde[5].

Insbesondere im Hinblick auf die soeben genannten Kundenlisten und Kundendaten – also Informationen, die (auch) Dritte betreffen – gewinnt der Geheimnisschutz damit eine weitaus größere Dimension. Werden „geheime Informationen“ nicht angemessen geschützt, stehen neben dem Verlust der Qualifikation als Geschäftsgeheimnis zusätzlich ein Verstoß gegen die Pflichten nach dem Datenschutzrecht sowie eine Verletzung des Bankgeheimnisses zur Disposition. Außerdem kann ein unzureichender Schutz aufsichts- und zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein angemessener Schutz von Geschäftsgeheimnissen dient damit nicht nur dem Geheimhaltungsinteresse des Unternehmens, sondern hat auch präventive haftungsbeschränkende Wirkungen.

II. Der Begriff des Geschäftsgeheimnisses

Nach § 2 Nr. 1 GehSchG ist ein Geschäftsgeheimnis „eine Information a) die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und b) die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.“

Nach Erwägungsgrund 14 der EU-Geheimhaltungsrichtlinie geht es also um Informationen, bei denen sowohl ein legitimes Interesse an ihrer Geheimhaltung als auch die legitime Erwartung besteht, dass die Vertraulichkeit gewahrt wird. In diesem Zusammenhang schützt die EU-Geheimhaltungsrichtlinie ein „breites Spektrum von Informationen, das über das technologische Wissen hinausgeht und auch Geschäftsdaten wie Informationen über Kunden und Lieferanten, Businesspläne sowie Marktforschung und -strategien einschließt“[6]. Es wird nicht gefordert, „dass das Geschäftsgeheimnis »neu«, »erfinderisch«, »eigentümlich«, »originell« oder Ähnliches ist“[7].

Die entsprechenden Informationen müssen „geheim“ sein. Ist die Zusammenstellung aus öffentlichen Quellen hingegen jederzeit ohne großen Aufwand möglich, ist von allgemeiner Bekanntheit auszugehen[8].

Schließlich muss die Information gem. § 2 Nr. 1 Buchstabe a) GeschGehG wegen ihres geheimen Charakters einen wirtschaftlichen Wert aufweisen. In seiner Entscheidung vom 19.11.2020[9] hat das OLG Stuttgart zur Position des wirtschaftlichen Werts festgestellt, dass eine Information wirtschaftlichen Wert besitzt, „wenn ihre Erlangung, Nutzung oder Offenlegung ohne Zustimmung des Inhabers dessen wissenschaftliches oder technisches Potenzial, geschäftliche oder finanzielle Interessen, strategische Position oder Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinflussen.“[10] Rein wissenschaftliche Erkenntnisse, soweit diese für eine kommerzielle Verwertung nicht in Betracht kommen, sind damit keine „geheimen Informationen“[11].

III. Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen

1. Der Begriff der „Angemessenheit“

Gemäß § 2 Nr. 1 Buchstabe b) GeschGehG setzt eine Anerkennung als Geschäftsgeheimnis u. a. voraus, dass die betreffenden Informationen „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber“ sind. Für diesen Umstand trägt der Inhaber des angeblichen Geschäftsgeheimnisses die Darlegungs- und Beweislast[12]. [...]
Beitragsnummer: 21986

Weiterlesen?


Dies ist ein kostenpflichtiger Beitrag aus unseren Fachzeitschriften.

Um alle Beiträge lesen zu können, müssen Sie sich bei MeinFCH anmelden oder registrieren und danach eines unserer Abonnements abschließen!

Anmeldung/Registrierung

Wenn Sie angemeldet oder registriert sind, können Sie unter dem Menüpunkt "BankPraktiker DIGITAL" Ihr

aktives Abonnement anschauen oder ein neues Abonnement abschließen.

Beitrag teilen:

Produkte zum Thema:

Produkticon
Coaching des Datenschutzbeauftragten

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Risiken unautorisierter Telefonwerbung

Auslegungshinweise § 7a UWG u. Art. 7 DSGVO vs. Praxis, Kontrollen intensivieren, Systeme & Prozesse optimieren, Feststellungen und Bußgelder vermeiden!

17.11.2023

Beitragsicon
10 Jahre MaRisk Compliance – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft!

Von der reinen Koordination für neue Rechtsnormen hin zu ersten eigenverantwortlichen Themenfeldern. Finanzsanktionen in der MaRisk-Compliance-Verantwortung!

14.02.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.