Dienstag, 21. März 2023

Nachweis der Auszahlung bei Altsparbuchfällen

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In einem Altsparbuchfall, in welchem der Kunde der Sparkasse im Jahr 1992 das Sparbuch eröffnet und im Jahr 2019 das nicht entwertete Sparbuch der Sparkasse vorlegt hatte mit der Bitte, das hierauf registrierte Guthaben an ihn auszubezahlen, erinnert das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 20.12.2022, 17 U 151/21 (ZiP 2023, 516 nicht rechtskräftig Az. beim BGH XI ZR 10/23), zunächst daran, dass dann, wenn ein nicht entwertetes Sparbuch vorgelegt wird, das Kreditinstitut grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die bereits erfolgte Erfüllung des Auszahlungsanspruchs trägt; dies auch in den Fällen, in denen lange Zeit keine Eintragungen in das Sparbuch vorgenommen wurden und handelsrechtliche Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind.

Nachdem die Sparkasse durch Vorlage interner Unterlagen nachgewiesen hatte, dass das auf dem Sparbuch liegende Guthaben einschließlich Zinsen auf das Girokonto des Kunden ausbezahlt und von dort aus in zwei Beträgen wieder auf zwei Festgeldkonten angelegt wurde, führt das Oberlandesgericht Karlsruhe weiter aus, dass solche bankinternen Unterlagen allein zwar nicht die Unrichtigkeit des Sparbuchs beweisen könnten. Allerdings hebt das OLG Karlsruhe auch hervor, dass diesen bankinternen Unterlagen im Rahmen der Beweiswürdigung ein immer größer werdendes Gewicht zukommt, je länger der Zeitraum zurückliegt, in welchem Geldbewegungen auf dem Sparbuch registriert wurden.

Nachdem zwischen Sparbucheröffnung und Monierung der Nichtauszahlung des Guthabens immerhin 27 Jahre lagen, gelangte das Gericht zum Ergebnis, dass trotz der Vorlage des nicht entwerteten Sparbuchs die Auszahlung des Guthabens als erfolgt gilt, weswegen der Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens durch Erfüllung untergegangen ist.


PRAXISTIPP

Nachdem die Verjährung von Ansprüchen auf Auszahlung von Guthaben aus sogenannten Altsparbüchern erst mit der Kündigung der Valuta zu laufen beginnt (vgl. hierzu Herresthal, BKR 2023, 69, 71) und der BGH bei sogenannten Altsparbuch-Fällen sehr strenge und kaum zu erfüllende Anforderungen an die Verwirkung der Ansprüche stellt, kommt es in der Praxis bei der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aus Altsparbüchern ganz entscheidend darauf an, ob das Kreditinstitut durch Vorlage interner Bankunterlagen dokumentieren kann, dass die Auszahlung vom Sparbuch auf ein anderes Konto oder in bar erfolgte und ggf. wie im konkreten Fall der identische Betrag auf weitere Konten einbezahlt wurde, was selten genug den betroffenen Kreditinstituten im Hinblick auf den ganz erheblich zurückliegenden Zeitablauf gelingt. Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass das Oberlandesgericht Karlsruhe entsprechend der bereits vom Oberlandesgericht Zweibrücken im Urteil vom 25.11.2020, 7 U 82/18 (BeckRS 2020, 37262), vertretenen Auffassung den vorgelegten und in sich schlüssigen Bankunterlagen wegen erheblichen Zeitablaufs so viel Bedeutung beigemessen hat, dass es die Beweiskraft des Sparbuchs als erschüttert angesehen hat (zu weiteren diese Meinung bestätigenden Entscheidungen vgl. Herresthal, BKR 2023, 69, 72, Fn. 42).


Beitragsnummer: 22062

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