Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seiner Entscheidung vom 19.10.2022, 3 U 101/22 (BeckRS 2022, 53237 m. Anm. Schultheiß, WuB 2023, 87), gelangt das Oberlandesgericht Stuttgart zum Ergebnis, dass aus der Zusage eines ehemaligen Geschäftsführer-Gesellschafters, der Maklerlohn werde aus Mitteln anderer von ihm beeinflusster Gesellschaften oder aus seinem „Finanzbereich" bezahlt, sich ein nachträglicher Schuldbeitritt zu der Verbindlichkeit aus einem Kreditvermittlungsgeschäft ergeben kann.
Was diesen Beitritt zu einem Darlehensvermittlungsvertrag anbelangt, so gelangt das OLG Stuttgart mit der Begründung, dass beim Darlehensvermittlungsvertrag derselbe Zweck verfolgt wird wie beim Darlehensvertrag und der Vermittlungsvertrag ähnliche Risiken mit sich bringt wie ein Darlehensvertrag, zum Ergebnis, dass das Schriftformerfordernis gem. § 655 b BGB (Schriftform bei einem Vertrag mit einem Verbraucher) auf den Beitritt zu einem Darlehensvermittlungsvertrag Anwendung findet, wenn der Schuldbeitretende in seiner Eigenschaft als Verbraucher i. S. d. § 13 BGB dem Darlehensvermittlungsvertrag beitritt.
Bei der dann vom OLG Stuttgart vorgenommen Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmereigenschaft hält der Senat fest, dass für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend ist, weswegen bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen ist. Eine Zurechnung entgegen den mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck komme daher nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Bei der Verwaltung eigenen Vermögens, um welche es im konkreten Fall ging, sei wiederum das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von der berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordere diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liege eine gewerbliche Betätigung vor.
Dies zugrunde legend gelangt das OLG Stuttgart im konkreten Fall zum Ergebnis, dass der dem Darlehensvermittlungsvertrag Beitretende Nichtverbraucher ist, weswegen das Schriftformerfordernis keine Anwendung fand.
Beitragsnummer: 22063