Dienstag, 21. März 2023

Speicherung von Informationen über Restschuldbefreiung zulässig

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In einem Fall, in welchem die Klägerin eine Auskunftei auf Löschung des Eintrags über die Restschuldbefreiung in ihrer Datenbank sowie auf Wiederherstellung des sogenannten „Score-Wertes "in Anspruch genommen hatte, gelangt das Oberlandesgericht München in seiner Entscheidung vom 29.11.2022, 18 U 1032/22 (WM 2023, 470), zum Ergebnis, dass die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der Klägerin am Schutz ihrer personenbezogenen Daten nicht die berechtigten Interessen der Auskunftei und ihrer Kunden an der Datenverarbeitung zu überwiegen vermag. Zur Begründung führt das OLG München u. a. aus, dass Informationen über eine Restschuldbefreiung eine wichtige Grundlage für die vom europäischen Gesetzgeber den Kreditinstituten aufgebürdete Kreditwürdigkeitsprüfung sei. So diene die Weitergabe von Informationen über das frühere Zahlungsverhalten dem Sinn und Zweck der vorgeschriebenen Bonitätsprüfung, weil sie den Kunden der Auskunftei eine aufgeklärte Entscheidung darüber ermögliche, ob sie das mit einer Vorleistung verbundene wirtschaftliche Risiko eingehen wolle. Die Kreditwürdigkeitsprüfung diene zudem nicht nur dem Interesse des potenziellen Kreditgebers, sondern auch dem Schutz des Kreditnehmers vor der Gefahr der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit. Schließlich sei die Erteilung von zutreffenden Bonitätsauskünften für das Funktionieren der Wirtschaft von ganz entscheidender Bedeutung.

Was wiederum die Dauer der Speicherung der Daten über die Rechtschuldbefreiung anbelangt, so gelangt das OLG München zum Ergebnis, dass die Speicherung solcher Daten auch über die in § 3 Abs. 2, Abs. 1 InsBekV festgelegten Zeiträume hinaus grundsätzlich zulässig ist. Diesbezüglich führt das OLG München insbesondere aus, dass der Norm des § 3 Abs. 2 InsBekV keine grundsätzliche gesetzgeberische Wertung zu entnehmen sei, welche einer längeren Speicherung der Daten durch Auskunfteien zuwiderlaufen würde. Die in § 3 Abs. 2 InsBekV enthaltene sechsmonatige Löschungsfrist könne auch nicht im Wege der analogen Anwendung auf die Speicherung von Daten nach DSGVO herangezogen werden. Denn anders als das BDSG a.F. enthalte die DSGVO keine ausdrückliche Begrenzung der Speicherfrist auf einen bestimmten Zeitraum, sondern knüpfe die Rechtmäßigkeit der weiteren Verarbeitung an eine Abwägung im Einzelfall. Zudem habe der Gesetzgeber bewusst von einer Übertragung der Fristenregelungen nach § 3 InsBekV auf die Speicherfristen von Auskunfteien abgesehen.


PRAXISTIPP

Mit seiner Entscheidung vom 29.11.2022 stellt sich der 18. Zivilsenat des OLG München gegen die Entscheidung des OLG Schleswig (WM 2022, 1438) sowie gegen die Entscheidung des 3. Zivilsenats des OLG München (Urteil vom 24.10.2022, 3 U 2040/22), was nicht nur sehr zu begrüßen ist, sondern wohl auch die überzeugendere Rechtsauffassung sein dürfte. Letztendlich wird jedoch der Bundesgerichtshof über diese Frage entscheiden müssen, womöglich auch noch der EuGH.


Beitragsnummer: 22064

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