Maria Fuchs, B. Sc., Controllerin, Fachbereich Gesamtbank-/Vertriebscontrolling, Kreissparkasse Köln
Zum Einstieg lassen Sie uns einen Blick auf den Zeitpunkt des Einmarsches Russlands in die Ukraine werfen, den die Europäische Zentralbank (EZB) als „Wendepunkt“[1] für die Ausrichtung ihrer Geldpolitik identifiziert hat: Der durch den Russland-Ukraine-Krieg ausgelöste makroökonomische Schock traf allerdings auf ein bereits sehr hohes inflationäres Umfeld in Europa – Im Februar 2022 betrug der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) gegenüber dem Vorjahr in der europäischen Union (EU) bereits 6,2 % und in Deutschland 5,5 %[2]. Damit weisen die Umstände verblüffende Ähnlichkeit zu der Ölkrise in den 70er Jahren auf, bei der ein rasanter Anstieg der Ölpreise einer ähnlichen Inflationsentwicklung begegnete.
Die Inflationsdynamik und der darauffolgende Zinsanstieg – die Gegebenheiten für einen „perfekten Sturm“ wie Raimund Röseler sie vergangenen Jahres in einem Interview bezeichnete[3] – bringen eine Reihe von Risiken mit sich, die die Bankenwelt nun ordentlich aufwirbeln und jüngst bereits zu den ersten Schieflagen und Schließungen von Banken geführt haben und sicherlich noch zu einigen weiteren Problemen führen werden. Die Alarmierung über die Bedrohlichkeit der Lage sollte also demnach für Banken bekannt (gewesen) sein – dennoch scheinen Regulatorik und Aufsichtspraxis bisher versagt zu haben!
I. Einleitende Worte
Der rasante Zinsanstieg und die daraus resultierenden Folgen sind auch in den Fokus der Bankenaufsicht in Deutschland (BaFin) gerückt[4]: Die standardisierten Stressszenarien des Basel Committee on Banking Supervision, die als härtestes Zinsstressszenario einen Anstieg von zwei Prozent überprüfen, sind überholt. Auf europäischer Ebene wurden die grundlegenden Vorschriften für Eigenmittelanforderungen und zur Aufsichtspraxis für Kreditinstitute (CRR und CRD) überarbeitet und haben dabei auch die Regulatorik des Zinsänderungsrisikos für das Anlagebuch (IRRBB) noch einmal ins Auge gefasst: Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) veröffentlichte im Oktober 2022 auf der Grundlage des Art. 84 Abs. 6 CRD eine neue Leitlinie zum Umgang mit dem IRRBB (EBA/GL/2022/14), die die ursprüngliche Leitlinie (EBA/GL/2018/02) zum 30.06.2023 ablösen wird. Dementsprechend wurden auch die technischen Standards zur IRRBB-Berichterstattung, die die EBA am 31.01.2023 in einem Konsultationspapier veröffentlichte, aktualisiert. Die neuen Offenlegungsanforderungen sollen zum 30.06.2024 das erste Mal angewendet werden. Die Gesetzliche Grundlage der EBA für die Einrichtung von technischen Standards befindet sich in Art. 430 (7) der CRR und die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für den IRRBB sind in Art. 98 (5) der CRD geregelt. [...]
Beitragsnummer: 22078