Dienstag, 4. Juli 2023

Der Digitale Euro

Ein Überblick zum aktuellen Stand der Debatte

Daniel Krüger ist Rechtsanwalt bei der AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Er leitet das Referat Aufsichtsrecht und Compliance, das neben klassischen bankaufsichtsrechtlichen Themen insbesondere auch die Regulatorik innovativer Bereiche (Krypto, Blockchain, Künstliche Intelligenz usw.) umfasst. 

Susan Wagner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft im Bereich Aufsichtsrecht und Bank- und Kapitalmarktrecht. 

I. Einleitung

90 % der Zentralbanken weltweit beschäftigen sich mit einer digitalen Variante ihrer Währung (central bank digital currency = CBDC)[1] – so auch die Europäische Zentralbank, die einen digitalen Euro vor Augen hat. Dabei handelt es sich in der Regel, trotz der teils verwendeten missverständlichen Formulierung einer „digitalen Währung“, nicht um eine eigene Währung, sondern um eine digitale Form von Zentralbankgeld.

Obwohl die Entscheidung, ob überhaupt ein digitaler Euro eingeführt wird, noch nicht getroffen wurde und auch erst getroffen werden kann, wenn der europäische Gesetzgeber einen gesetzlichen Rahmen für die Einführung geschaffen hat, erscheint die Einführung aufgrund der Attraktivität für die Nutzer und der fortschreitenden internationalen Entwicklungen, insbesondere auch im privaten Sektor, immer wahrscheinlicher. Die EZB befindet sich, nachdem 2020 ein Bericht zum digitalen Euro[2] veröffentlicht wurde, seit 2021 in einer zweijährigen Untersuchungsphase, in der mögliche Gestaltungen des digitalen Euros sowie Auswirkungen auf den Markt untersucht werden. Diese soll im Herbst 2023 abgeschlossen werden. Zwischenzeitlich hat die EZB bereits zwei Zwischenberichte[3] veröffentlicht. Nach der Untersuchungsphase kann das Projekt durch einen entsprechenden Beschluss der EZB in die Implementierungsphase übergehen, die ungefähr drei Jahre dauern wird, sodass nicht vor 2026 mit einem digitalen Euro zu rechnen ist.

Im Folgenden sollen grundlegende Informationen über den digitalen Euro und den aktuellen Stand seiner geplanten Gestaltung, insbesondere im Hinblick auf mögliche Auswirkungen dargestellt werden; sodann werden die daraus folgenden Auswirkungen für die Bankpraxis beleuchtet.

II. Was ist der digitale Euro?

Der digitale Euro ist digitales Zentralbankgeld. Unser Geldsystem basiert auf zwei Arten von Geld: Zentralbankgeld und Giralgeld (auch: Buchgeld). Ersteres stellt eine Verbindlichkeit der Zentralbank dar und ist risikolos. Es umfasst Bargeld sowie die von den Geschäftsbanken bei der Zentralbank gehaltenen Reserven[4]. Giralgeld hingegen stellt einen Anspruch des Kunden gegen seine Geschäftsbank dar, also z. B. das Kontoguthaben. Dabei kann er jederzeit die Auszahlung in Zentralbankgeld, also Bargeld verlangen, sodass die beiden Geldarten jederzeit 1:1 gegeneinander ausgetauscht werden können. Zentralbankgeld wird daher auch als „monetärer Anker“ für Giralgeld bezeichnet[5]. Elektronische Zahlungen, etwa durch Überweisungen, erfolgen heutzutage ausschließlich mit privatem Geld. Durch den digitalen Euro wäre es möglich elektronische Zahlungen auch in Zentralbankgeld durchzuführen. Dabei soll dieser das bisherige System, insbesondere das Bargeld, lediglich ergänzen und keinesfalls ersetzen[6].

1. Abgrenzung zu Kryptowährungen und Stablecoins

Im Hinblick auf die in den letzten Jahren immer stärker aufgekommenen Varianten „digitaler Währungen“ in Form von Kryptowährungen und Stablecoins, stellt sich die Frage nach dem Unterschied dieser zum digitalen Euro. [...]
Beitragsnummer: 22103

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