Montag, 22. Mai 2023

Kündbarkeit von Swap-Verträgen als synthetische Darlehensverträge?

Problem der Kündigung eines mit einem Swap-Vertrag „verbundenen“ synthetischen Darlehens

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

Ein gemeinnütziger Verband schloss mit der VR-Bank über 4 Mio. € einen variabel verzinslichen Darlehensvertrag. Zur „Verbilligung“ des Darlehens und zur Absicherung des mit dem Darlehensvertrag verbundenen Zinsrisikos schloss der Verband mit einem weiteren Institut einen Swap-Vertrag ab, in welchem sich die Parteien zum Austausch von Geldleistungen zu bestimmten Zeitpunkten verpflichteten, deren Höhe durch verschiedene Zinssätze und Währungen bestimmt wurde.

Als der Marktwert des Swap-Vertrags sich aus Sicht des Verbandes negativ entwickelte, beabsichtigte der Verband, sich vorzeitig vom Swap-Vertrag zu lösen, was diesem nur möglich war und vom Institut erlaubt wurde, wenn der Verband sich zur Zahlung des negativen Marktwertes des Swaps i. H. v. ca. 1,65 Mio. € verpflichtet.

Da der Verband dies nicht wollte, bemühte sich dieser unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog darum, den Swap-Vertrag zu kündigen; analog deshalb, weil es sich beim Swap-Vertrag nicht um einen Darlehensvertrag handelt. Zur Begründung führte der Verband aus, dass dadurch, dass ein variabel verzinstes Darlehen mit einem nach Laufzeit und Tilgung abgestimmten Swap-Vertrag kombiniert wird, in welchem sich die darlehensgewährende Bank oder eine andere Bank zur Zahlung variabler Zinsen an den Darlehensnehmer gegen Zahlung fester Zinsen verpflichtet, der Swap-Vertrag im wirtschaftlichen Ergebnis zu einem synthetischen Festzinsdarlehen werde, auf welchen dann § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog Anwendung finden müsste.
 

Unter Vornahme einer umfassenden Auslegung der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach Wortlaut, Systematik, Gesetzgebungsgeschichte und Sinn und Zweck der Vorschrift gelangt der BGH in seiner Entscheidung v. 14.03.2023, XI ZR 420/21, WM2023, 728, zum Ergebnis, dass ein im Zusammenhang mit einem variabel verzinslichen Darlehensvertrag geschlossener Zins-Swap-Vertrag mit fester Laufzeit weder direkt noch in analoger Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ordentlich kündbar ist (so auch OLG Frankfurt, Urteil v. 02.02.2022, 17 U 19/20; so auch schon Hanke, BKR 2017, 358 ff.).

Bei dieser Gelegenheit hielt der BGH noch fest, dass dann, wenn die Bank in einem solchen Fall für die vorzeitige Auflösung des Swap-Vertrages den negativen Marktwert als Ablösebetrag verlange, dies keine Erschwerung des ordentlichen Kündigungsrechts betreffend den Darlehensvertrag i. S. v. § 489 Abs. 4 S. 1 BGB darstellt (so auch OLG Frankfurt, a. a. O. sowie Hanke, a. a. O.). Dies wird damit begründet, dass beide Verträge rechtlich selbstständig und grundverschieden seien und die Interessenlage beim Zins-Swap-Vertrag und beim Darlehensvertrag eine völlig andere sei.

PRAXISTIPP


 
Es überrascht schon sehr, dass die vorstehend durch den Bundesgerichtshof entschiedene Problematik der Kündigung eines Zins-Swap-Vertrages als synthetisches Darlehen gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst jetzt entschieden wurde. Denn wie den vom Bundesgerichtshof zitierten Beiträgen entnommen werden kann (vgl. nur Hanke, BKR 2017, 358 ff.), hat sich die Frage der Kündbarkeit von Swap-Verträgen als synthetische Darlehensverträge nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB schon seit vielen Jahren gestellt. Umso erfreulicher ist es, dass der Bundesgerichtshof die Kündbarkeit solcher Swap-Verträge gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit sehr klaren und deutlichen Worten abgelehnt hat. Ebenso erfreulich ist auch, dass der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang auch klargestellt hat, dass in solchen Fällen das Verlangen eines negativen Marktwerts keine Erschwerung i. S. v. § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB darstellt.
 


Beitragsnummer: 22144

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