Montag, 22. Mai 2023

Wirksamkeit von Verwahrentgelten auf Girokonten

Eingeschränkter Folgenbeseitigungsanspruch

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

Unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 10.11.2021, 12 O 34/21 (ZIP 2022, 368), gelangt das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 30.03.2023, 20 U 16/22, zum Ergebnis, dass es sich bei der Vereinbarung von Verwahrentgelten um eine AGB-rechtlich nicht überprüfbare Hauptpreisabrede handelt (so bereits OLG Dresden, Urteil vom 30.03.2023, 8 U 1389/21 sowie die Vorinstanz LG Leipzig, Urteil vom 08.07.2021, 5 O 640/20). In diesem Zusammenhang hebt das OLG Düsseldorf hervor, dass der Qualifizierung als Hauptpreisabrede nicht entgegenstünde, dass das Kreditinstitut zugleich auch ein Kontoführungsentgelt vereinnahme. Vielmehr sei es dem Kreditinstitut in Folge der Preisbildungsfreiheit unbenommen, vorbehaltlich des § 675 f Abs. 5 Satz 2 BGB sowie anderer Vorschriften sein Entgelt mittels mehrerer Komponenten zu berechnen, wobei § 675 f BGB im vorliegenden Fall keine Anwendung finde, weil es sich bei der Verwahrung im Rahmen eines Girovertrages nicht um einen Zahlungsdienst i. S. v. § 76 f BGB handle.

Sodann stellt das OLG Düsseldorf klar, dass die Verwahrentgeltklausel auch nicht intransparent sei.

Obwohl das OLG Düsseldorf über die Frage von Inhalt und Umfang des Folgenbeseitigungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG nicht mehr zu entscheiden brauchte, erlaubt sich das OLG im Hinblick auf die diesbezüglichen Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts schließlich festzuhalten, dass der Folgenbeseitigungsanspruch nach § 8 UWG zwar einen Benachrichtigungsanspruch umfassen könne, nicht jedoch einen Anspruch auf die Verpflichtung des Schuldners zur Rückzahlung etwaiger zu Unrecht vereinnahmter Entgelte. Dies deshalb, weil ein derartiger Zahlungsanspruch, anders als ein Benachrichtigungsanspruch, in einem nicht auflösbaren Widerstreit zu den Beschränkungen stehe, die an eine kollektive Rechtsdurchsetzung gestellt werden.

PRAXISTIPP


Nachdem nunmehr sowohl das Oberlandesgericht Dresden in vorstehend erwähnter Entscheidung vom 03.03.2023 als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf die Revision zugelassen haben, ist davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof demnächst Gelegenheit haben wird, darüber zu entscheiden, ob die Vereinbarung eines Verwahrentgelts im Rahmen eines neu abgeschlossenen Girovertrages entsprechend der Auffassung des OLG Dresden und Düsseldorf als AGB-rechtlich nicht überprüfbare Hauptpreisabrede gilt, wofür vieles spricht.

Hiervon unabhängig ist an der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf besonders erfreulich, dass sich der Senat, soweit ersichtlich, als erstes Instanzgericht ernsthaft Gedanken über Inhalt und Umfang des Folgenbeseitigungsanspruchs nach § 8 UWG gemacht und dabei überzeugend klargestellt hat, dass der Folgenbeseitigungsanspruch nach § 8 UWG zwar einen Benachrichtigungsanspruch umfassen kann, nicht jedoch einen Entgeltrückzahlungsanspruch. Ein solcher Rückzahlungsanspruch wurde demgegenüber von einigen wenigen Instanzgerichten in der Vergangenheit ohne jedwede Auseinandersetzung mit der Rechtsproblematik und ohne jedwede rechtliche oder sachliche Argumentation bejaht, was im Hinblick auf die klarstellenden Ausführungen des OLG Düsseldorf nunmehr nicht mehr ohne weiteres möglich sein sollte. Vielmehr müssten sich nunmehr die Gerichte in laufenden Verfahren – so ist jedenfalls zu hoffen – nicht nur ernsthafte Gedanken über Inhalt und Umfang des Folgenbeseitigungsanspruchs nach § 8 UWG machen, sondern auch umfassende und überzeugende Argumente ins Feld führen, wenn sie sich gegen die Entscheidung des OLG stellen wollen.


Beitragsnummer: 22145

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