Dr. Thorsten Christoffer, Stellv. Bankdirektor, Abteilungsleiter Personalpolitik & -controlling, Helaba
Nach langem hin und her hat der Bundesrat am 12.05.2023 dem Hinweisgeberschutzgesetz zugestimmt, das im Vermittlungsausschuss des Deutschen Bundestags nachverhandelt werden musste. Der Bundestag hatte einen Tag vorher dem Kompromiss zugestimmt. Damit ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt soll das neue Gesetz, das auf die EU-Hinweisgeberrichtlinie (EU 2019/1937) zurückgeht und bereits zum 13.12.2021 von den Mitgliedsstatten der EU hätte umgesetzt werden müssen, nun Mitte Juni 2023 in Kraft treten.
Die Zielsetzung des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes ist klar:
1. Vereinheitlichung des Hinweisgeberschutzes in der EU auf Grund der Hinweisgeberrichtlinie.
2. Wirksamer, nachhaltiger Ausbau und Verbesserung des Hinweisgeberschutzes insgesamt.
3. Ausschluss von Benachteiligungen von hinweisgebenden Personen.
4. Schutz und Rechtssicherheit für beteiligte Personen (Hinweisgebende, Beteiligte, Meldestellen).
Finanzinstitute mit einer Größe von ab 250 Mitarbeitenden müssen die neuen Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes bereits einen Monat nach dessen Verkündung, also bereits Mitte Juni 2023, vollumfänglich beachten. Finanzinstitute mit einer Größe von ab 50 Beschäftigten trifft diese Pflicht spätestens ab dem 17.12.2023. Da Finanzinstitute bereits durch eine einige Spezialgesetze (KWG, WpHG, GwG, VAG) verpflichtet sind, interne Meldestellen einzurichten, muss im Rahmen einer GAP-Analyse herausgearbeitet werden, inwieweit vorhandene Meldekanäle den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Personal- und Compliance-Abteilungen von Banken sind also in der Pflicht, die neuen gesetzlichen Anforderungen umzusetzen. Für die Konzeptionierung eines wirksamen Hinweisgeberschutzsystems können interne oder externe Meldestellen eingerichtet werden. Zudem braucht es wirksame interne Konzepte zu den Themen Vertraulichkeit, Datenschutz, Kommunikation sowie Folgemaßnahmen, die in der schriftlich fixierten Ordnung der Institute niedergelegt werden müssen.
Nicht zu unterschätzen sind die arbeitsrechtlichen Aspekte bei der Einrichtung eines Hinweisgeberschutzsystems. Eine Reihe von Mitbestimmungsrechten, die mit der Arbeitnehmervertretung zu erörtern sind, spielen hierbei eine Rolle. Sofern eine Pflicht zur Meldung bestimmter Sachverhalte besteht, sind Fragen der betrieblichen Ordnung (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) betroffen. Sollen die neuen gesetzlichen Vorgaben durch eine Softwarelösung erfüllt werden, stellt sich die Frage nach einer technischen Überwachungseinrichtung (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Arbeitnehmervertretungen haben zudem ein aus § 80 Abs. 2 BetrVG allgemeines Informationsrecht und sind bei Schulungen von Beschäftigten über die §§ 96, 97 BetrVG zu beteiligen. Personalabteilungen werden diese Themenkomplexe sinnvoll orchestrieren müssen.
Vor dem Hintergrund der im Gesetz angedrohten Bußgelder ist ein rasches Handeln der Institute erforderlich. Unbefugtes Offenlegen, Ver- oder Behinderung von Meldungen, Unterlassen der Einrichtung oder des Betreibens interner Meldestellen sowie Repressalien gegenüber hinweisgebenden Personen stellen zukünftig Ordnungswidrigkeiten dar, die mit Bußgeldern von bis zu 50.000 € geahndet werden können. Zudem drohen Unternehmensgeldbußen.
PRAXISTIPPS
- Institute sollten nach Inkrafttreten des HinwSchG alle im Unternehmen betroffenen Beschäftigten über die gesetzliche Notwendigkeit aufklären.
- Schulungen proaktiv durchführen.
- Die Grenzen des Mitbestimmungsrechts klären.
- Einen Zeit- und Meilensteinplan zur Implementierung verabschieden.
Beitragsnummer: 22164