Montag, 19. Juni 2023

Vorfälligkeitsentschädigung/Berechnungsmethode/Entgelt für Berechnung

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 26.10.2022, 3 U 201/21, musste sich das Oberlandesgericht Frankfurt u. a. auch mit der Frage beschäftigen, ob die im Immobiliardarlehensvertrag enthaltenen Angaben zu der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend i. S. d. § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind. Diesbezüglich weist das OLG zunächst darauf hin, dass unzureichend in diesem Sinne wiederum Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung dann sind, wenn sie nicht klar und verständlich i. S. v. Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB in Verbindung mit § 492 Abs. 2 BGB sind, wobei maßgeblich die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers ist. Was wiederum die Darstellung der Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung als solche anbelangt, so stellt das OLG klar, dass diese nicht der Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel bedarf. Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genüge es vielmehr, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (so S. 10 u. H. a. BGH, Urteil vom 05.11.2019, XI ZR 650/18 sowie OLG Frankfurt, Urteil vom 13.08.2021, 24 U 270/20; so auch OLG Frankfurt, rechtskräftiges Urteil vom 27.04.2022, 17 U 107/21 S. 12).

Sodann führt das OLG Frankfurt aus, dass gemessen an diesen Grundsätzen es nicht notwendig sei, die Berücksichtigung der Sondertilgungsmöglichkeiten ausdrücklich in der Darstellung der Berechnungsmethode zu erwähnen. Zum einen sei die Möglichkeit, Sondertilgungen vorzunehmen, als Individualvereinbarung auszulegen, weswegen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher nicht erwarte, dass in allgemeinen, für eine Vielzahl von Fällen gedachten Erläuterungen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auf die in seinem Fall vereinbarten Sonderkonditionen zur Darlehenstilgung ausdrücklich eingehen (S. 10 f. unter Hinweis auf OLG Frankfurt, Urteil vom 13.08.2021, 24 U 70/20).

Sodann führt das Oberlandesgericht Frankfurt aus, dass auch die Angaben zu der von dem Institut zu wählenden Form der Wiederanlage der freigewordenen Mittel ausreichend zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten aus Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB in Verbindung mit § 492 Abs. 2 BGB seien. Insbesondere sei eine nähere Konkretisierung der vom Institut gewählten Formulierung einer „Wiederanlage… in sichere Kapitalmarkttitel" nicht erforderlich. Diese Formulierung sei vielmehr hinreichend klar und verständlich und würde der Gesetzesbegründung entsprechen, auf welche das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 01.07.1997, XI ZR 267/69, Bezug nehmen würde (S. 11 f.; so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 27.04.2022, 17 U 107/21). Ergänzend weist das OLG noch darauf hin, dass die von der Klägerseite gewünschte Konkretisierung, um welche Kapitalmarkttitel es sich letztendlich handelt, für die abstrakte Beschreibung der Berechnung, anders als für die Berechnung selbst, keinen Informationsmehrwert bietet, da jedenfalls klargestellt ist, dass es sich um Kapitalmarkttitel ohne Ausfallrisiko handeln muss (S. 12 f. u. H. v. OLG Frankfurt, Urteil vom 13.08.2021, 24 U 270/20).

Schließlich führt das OLG Frankfurt aus, dass auch die Geltendmachung eines Verwaltungsaufwandes in Höhe von 250 € für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu beanstanden ist. Das Institut sei vielmehr berechtigt, für die nach dem ursprünglichen Darlehensvertrag nicht geschuldete vorzeitige Abrechnung des Darlehens und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand ein angemessenes Bearbeitungsentgelt zu verlangen, wobei der vom Institut angesetzte Pauschalbetrag in Höhe von 250 € am unteren Ende der üblicherweise anerkannten Bandbreite von 250 bis 400 € liegen würde (S. 14 u. H. v. LG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2011, 9 U 76/10; so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 27.04.2022, 17 U 107/21, S. 14, wo ebenfalls ein Entgelt für die Berechnung in Höhe von 250 € als nicht zu beanstanden angesehen wurde).

 

PRAXISTIPP

Es ist sehr zu begrüßen, dass das Oberlandesgericht Frankfurt deutlich festhält, dass es im Hinblick auf die vorgegebene hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode nicht zu beanstanden ist, dass das Institut für die Anlage des frei geworden Kapitals auf „sichere Kapitalmarkttitel" abstellt, ohne näher zu erläutern, um welche Kapitalmarkttitel es sich handelt. Ebenso erfreulich ist, dass das OLG Frankfurt ebenso klar ausführt, dass das Institut für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ein pauschales Entgelt in Höhe von 250 € verlangen kann. Nachdem wiederum sowohl die vorstehend besprochene Entscheidung vom 26.10.2022 als auch das vorstehend zitierte Urteil des OLG Frankfurt vom 27.04.2022 rechtskräftig sind – letztere Entscheidung sogar durch Nichtannahmebeschluss des BGH –, ist davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof die sowohl vom 3. Zivilsenat als auch die vom 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vertretene Auffassung teilt. 


Beitragsnummer: 22183

Beitrag teilen:

Produkte zum Thema:

Produkticon
Kommentar zum Kreditrecht, 4. Auflage

269,00 € inkl. 7 %

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung & Beweislast

Im Rahmen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ist im Streitfall ein Nachweis für die Falschberechnung substantiiert vorzutragen.

21.11.2023

Beitragsicon
Berechnung VFE: Ansatz einer negativen Wiederanlagerendite?

OLG Frankfurt/M. entscheidet zum Ansatz einer negativen Wiederanlagerendite im Rahmen der Vorfälligkeitsentschädigung.

20.04.2023

Beitragsicon
Unwirksamkeit des Jahresentgelts in Ansparphase des Bausparvertrages

BGH erklärt das Jahresentgelts in der Ansparphase des Bausparvertrages für unwirksam.

24.11.2022

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.