Carl-Jan von der Goltz, geschäftsführender Gesellschafter Maturus Finance GmbH
80 % der Investoren wollen 2023 gleich viele oder mehr M&A-Transaktionen angehen. Dies hat eine Befragung der Unternehmensberatung Bain & Company ergeben. So ging das Volumen der Deals durch Energiekrise, Inflation und den Krieg in der Ukraine 2022 in Deutschland zwar um fast die Hälfte zurück. Zudem haben sich die Käufer auf eher kleinere Unternehmen verlagert. Die Zahl der strategischen Käufer allerdings sank im letzten Jahr laut Bain nur um neun Prozent – sie sind mit 70 % weiter für den Löwenanteil der Transaktionen verantwortlich. Darin zeigt sich die ungebrochene Bedeutung von Zukäufen für die unternehmerische Entwicklung und die Anpassung an den derzeitigen Wandel. Unterlegt wird das von weiteren Zahlen der Bain-Studie. Demnach haben die Transaktionen der letzten drei Jahre die Erwartungen von 65 % der Befragten erfüllt oder gar übertroffen.
Vorteile von M&A auch in Krisenzeiten
Dass die Bedeutung von M&A trotz der aktuellen Krisen und Unsicherheiten hoch ist, sollte nicht verwundern. Denn Übernahmen können die individuelle Transformation der Unternehmen deutlich beschleunigen und erleichtern. Mit einem Zukauf lassen sich beispielsweise digitale Technologien oder neue Fertigungsprozesse direkt in den Betrieb holen, die andernfalls jahrelange Entwicklungsarbeit erfordert hätten. Viele Start-ups haben aktuell Herausforderungen, Risikokapitalgeber zu finden, das erhöht die Optionen von strategischen Käufern weiter. Wird andererseits ein Lieferant oder ein Konkurrent übernommen, lassen sich Synergien erschließen, Kapazitäten erhöhen und die Versorgung resilienter gestalten. Hinzu kommt das schnelle anorganische Wachstum im Rahmen von M&A.
Durch den Kauf eines branchenfremden Unternehmens können KMU zudem ihr Angebot ausweiten oder direkten Zugang zu einem Zukunftsmarkt wie den erneuerbaren Energien erlangen. Viele Unternehmen nutzen Transaktionen längst, um ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren, sich in Sachen Kreislaufwirtschaft zu verbessern oder sich grüne Märkte zu erschließen. Dies hat auch die Bain-Befragung gezeigt. So ist Nachhaltigkeit bereits bei jeder zehnten Transaktion ein entscheidender Beweggrund – Tendenz steigend. M&A-Deals können auch helfen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dadurch lassen sich Know-how und ganze Expertenteams direkt übernehmen.
Transaktionsfinanzierung möglich machen
Die laut der Bain-Erhebung sinkende Bewertung vieler Ziele und Zielbranchen erhöht die Chancen strategischer Käufer, sich durch Transaktionen weiterzuentwickeln oder ihre Marktstellung zu festigen. Auch der Zukauf kriselnder Unternehmen durch Distressed M&A bietet in der momentan unsicheren Zeit eine besondere Gelegenheit. Doch dies fordert von den strategischen Käufern neben einer genauen Prüfung des Ziels und einer klaren Risikoaffinität vor allem eine entsprechende Transaktionsfinanzierung. Die Bereitstellung von Finanzmitteln für M&A ist aber generell eine heikle Frage, denn Banken müssen vor allem in riskanten Bereichen zunehmend vorsichtig agieren. Lassen sich für Kreditinstitute M&A-Ambitionen deshalb inhouse nicht bedienen, können Berater ihre Kunden dennoch unterstützen. Indem sie auf Partner aus der alternativen Finanzierung verweisen, verschaffen sie dem strategischen Käufer einen Lösungsansatz und halten gleichzeitig die Kundenbeziehung aufrecht. In wirtschaftlich angespannten Zeiten haben sich besonders objektbasierte Modelle wie Sale & Lease Back oder Asset Based Credit bewährt. Sie greifen unabhängig der Bonität eines Unternehmens und bieten auch kurzfristige Lösungen.
Sale & Lease Back: Anlagevermögen stützt M&A
Die reine Innenfinanzierung eignet sich vor allem für produzierende KMU mit einem umfangreichen Maschinenpark. Bei einem Sale & Lease Back (SLB) werden werthaltige, mobile und fungible Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrparks verkauft und direkt wieder zurückgemietet. Dadurch wird zum einen Liquidität verfügbar, zum anderen werden in der Regel erhebliche stille Reserven gehoben. Durch die Bonitätsunabhängigkeit und Geschwindigkeit von SLB stehen insbesondere Mittel für Distressed M&A zur Verfügung. In der Regel dauert es von der ersten Anfrage bis zur finalen Auszahlung des Kaufpreises drei bis sechs Wochen. Das Finanzierungsvolumen liegt meist zwischen 400.000 und 15 Millionen €. In Einzelfällen kann es auch darüber hinausgehen.
Asset Based Credit als Transaktionsbaustein
Die objektbasierten Spezialkredite bieten Produzenten, Händlern und Dienstleistern die Möglichkeit, bei der Transaktionsfinanzierung auf sämtliche im Betrieb verfügbaren Assets als Sicherheiten zurückzugreifen: Bei einem Asset Based Credit können neben mobilem Anlagevermögen wie Maschinen auch das Umlaufvermögen aus dem Fertig- und Handelswarenlager sowie Sachwerte oder Immobilien als Sicherheiten herangezogen werden. Die so verfügbare Liquidität unterstützt Unternehmen (strategische sowie Finanz-Investoren?) bei ihren M&A-Vorhaben und stellt häufig einen zentralen Baustein dar. In Kombination mit einer solchen alternativen Finanzierung kann es auch für die Bank attraktiv werden, sich parallel zu engagieren. Die Kreditsummen liegen zwischen 250.000 und fünf Millionen €. Die Laufzeiten sind im kurz- bis mittelfristigen Bereich angesiedelt.
PRAXISTIPPS:
- Trotz gesamtwirtschaftlich angespannter Situation wollen viele Unternehmen durch eine Transaktionsfinanzierung unterstützt werden.
- Banken müssen ihr erhöhtes Risikomanagement mit wirtschaftlichen Interessen und Fragen der Kundenpflege in Einklang bringen.
- Der Verweis auf Partner aus der alternativen Finanzierung kann hier eine pragmatische Lösung darstellen.
Beitragsnummer: 22204