Max Kirschhöfer, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner
Nachdem sich der Bundesgerichtshof in einer Vielzahl von Fällen im Wesentlichen mit der Frage der Wirksamkeit von Widerrufsbelehrungen bzw. Widerrufsinformationen und nur in etwa einer Handvoll Fällen mit den Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs auseinandergesetzt hat, sind die beiden jüngst veröffentlichten Entscheidungen zu den Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs vom 19.02.2019, Az. XI ZR 362/17, sowie vom 09.04.2019, Az. XI ZR 511/18, zu begrüßen.

Bereits mit Beschluss vom 19.02.2019, Az. XI ZR 362/17 (vgl. hierzu Hölldampf in BTS Bankrecht April 2019), hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich die Ansprüche des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer im Falle eines wirksamen Widerrufs nach §§ 357 Abs. 1 Satz 1 a.F., 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB richten, solange der Darlehensnehmer im Falle eines bei Widerruf noch valutierenden Darlehens das entstandene Rückgewährschuldverhältnis nicht erfüllt, sprich, sich weigert, das Darlehen zurückzuführen. Zutreffend weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass dem Darlehensgeber auf den noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta ein Nutzungsersatzanspruch in Höhe des marktüblichen Vertragszinses zusteht.
SEMINARTIPPS
19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.
Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.
In seinem Beschluss vom 09.04.2019, Az. XI ZR 511/17, stellt der Bankensenat des Bundesgerichtshofs wiederum klar, dass im Falle einer Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis die Aufrechnung auf den Zeitpunkt des Widerrufs zurückwirkt (§ 389 BGB). Dies hat, so der Bankensenat weiter, zur Folge, dass „soweit sich die Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis zu diesem Zeitpunkt aufrechenbar gegenüber stehen und aufgerechnet wird, ab dem Zugang des Widerrufs kein Anspruch des Verbrauchers […] auf Herausgabe vom Darlehensgeber aus Zins- und Tilgungsleistungen mutmaßlich gezogener Nutzungen“ mehr besteht.“ Im Übrigen erinnert der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 09.04.2019 an die von ihm aufgestellten Grundsätze hinsichtlich der Verwirkung des Widerrufsrechts sowie auch daran, dass an die Vermutung, dass der Darlehensgeber aus erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen bei Widerruf eines grundpfandrechtlichen Darlehens Nutzungen i. H. v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, hohe Anforderungen zu stellen sind.
PRAXISTIPP
Beide Entscheidungen sind zu begrüßen, da sie hinsichtlich der Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs die herrschende obergerichtliche Auffassung bestätigen und nunmehr für Rechtssicherheit in den noch anhaltenden „Widerrufsfällen“ sorgen.
Nicht selten war und ist zu beobachten, dass Verbraucher nach einem wirksamen Widerruf das noch valutierende Darlehen entgegen ihrer aus §§ 355, 357, 346 BGB (a.F.) resultierenden Verpflichtung nicht durch eine Einmalzahlung in Höhe der der Bank nach Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche bestehenden Forderung zurückzahlen. Nicht selten wurde im Prozess gegen den Darlehensgeber dann Rückzahlung der nach Widerruf geleisteten „Zins- und Tilgungsleistungen“ ggf. zuzüglich eines Nutzungsersatzes geltend gemacht, wodurch der Verbraucher letztlich systemwidrig das widerrufene Darlehen nicht nur rechtsgrundlos weiterhin in Anspruch genommen, sondern in eine hoch lukrative Kapitalanlage umfunktioniert hat. Dieser Vorgehensweise dürfte nunmehr ein Riegel vorgeschoben worden sein. Im Prozess sollte der Darlehensgeber daher unbedingt jedenfalls hilfsweise die Aufrechnung hinsichtlich der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis erklären.
Beitragsnummer: 2236