Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
Bekanntlich können sich Verbraucher ihrer Schulden gegenüber Dritten durch die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens entledigen, an dessen Ende die sogenannte Restschuldbefreiung steht. Die Information über die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit der sich anschließenden Restschuldbefreiung wird dabei im Insolvenzregister auf einem amtlichen Internetportal veröffentlicht und wird sechs Monate lang gespeichert.
Bis zu den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 16.03.2023 (vgl. hierzu BeckRS 2023, 4638), zu der nunmehr ergangenen Entscheidung des EuGH vom 07.12.2023, C-26/22 sowie 64/22 (WM 2023, 23 16), hatte die Schufa noch diese Bekanntmachungen abweichend von der Speicherung im Insolvenzregister nicht nur gesammelt, sondern drei Jahre lang – statt sechs Monate – gespeichert. Nach Ergehen der Schlussanträge des Generalanwalts verkürzte die Schufa ihre Speicherdauer freiwillig auf sechs Monate und speichert seitdem diese Daten genauso lange wie im amtlichen Internetportal des Insolvenzregisters.
In seiner Entscheidung vom 07.12.2023, C-26/22 sowie 64/22 (WM 2023, 23 16), hat der EuGH nunmehr die von der Schufa bereits freiwillig umgestellte Speicherdauer dahingehend bestätigt, dass er ausführte, dass private Auskunfteien wie die Schufa die Daten nicht länger speichern dürften als ein öffentliches Insolvenzregister. Ergänzend gibt der EUGH dem vorlegenden VG Wiesbaden auf zu prüfen, ob die Datenverarbeitung den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 f DSGV genügt, wonach die Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig ist, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen (Rn. 74 ff.). In diesem Zusammenhang erkennt zwar der EuGH die berechtigten Interessen einer Auskunftei wie die der Schufa in der Verarbeitung personenbezogener Daten an und hebt hervor, dass diese Tätigkeit nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen, die kreditrelevante Verträge eingehen wollen, schützen will, sondern dass die Ermittlung der Kreditwürdigkeit und die Erteilung von Bonitätsauskünften zudem ein Fundament des Kreditwesens und der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft darstellt (Rn. 82). Diese berechtigten Interessen müssen nach Auffassung des EuGH allerdings mit den berechtigten Interessen der Kunden abgewogen werden (vgl. hierzu Rn. 86 ff.). Letztendlich überlässt der EuGH jedoch diese konkrete Interessenabwägung zwischen den sich widerstreitenden Interessen dem nationalen Gericht, welches nunmehr diese Interessenabwägung vornehmen muss.
PRAXISTIPP
Aufgrund vorstehender EUGH-Entscheidung steht nunmehr fest, dass die frühere Praxis der Schufa, die aus öffentlichen Verzeichnissen erlangten Daten länger als die für das Insolvenzregister geltenden Fristen aufzubewahren, unzulässig ist/war. Inwiefern die Speicherung der Daten aus dem Insolvenzregister nach der vorzunehmenden Interessenabwägung nach wie vor als rechtmäßig angesehen werden kann, bleibt abzuwarten. Aus hiesiger Sicht dürfte das Interesse der Schufa, des Kreditwesens und der Wirtschaft an der Speicherung dieser Daten den berechtigten Interessen der Kunden insofern überwiegen, als die Angabe über die Durchführung der Rechtsschuldbefreiung zumindest auch ein maßgebliches Kriterium bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit von Kunden darstellt.
Beitragsnummer: 22434