Mittwoch, 17. April 2024

Annuitätisches Immobiliardarlehen ist „befristet“

Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart


Noch immer beschäftigen Fälle zum Widerruf von Immobiliardarlehen die Gerichte. Mit einem dieser Fälle hatte sich nunmehr das OLG Karlsruhe in seinem Urteil v. 11.07.2023 – 17 U 11/22 – zu befassen. Neben dem Klassiker „Kaskadenverweis“ und einigen anderen Pflichtangaben ging es dabei auch um die Frage, ob das Darlehen zurecht als „befristet“ betitelt wurde.

Das OLG Karlsruhe hat dies zutreffend bejaht. Dass es sich bei dem Darlehen um eine sog. unechte Abschnittsfinanzierung handele, bei welcher der Darlehensnehmer ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht erhält, während die Zinsfestschreibung lediglich für einen Teil der Laufzeit erfolgt, stehe dem nicht entgegen. Denn Darlehen, bei denen eine Zeit für die Rückzahlung nicht bestimmt ist (und die damit „unbefristet“ sind), bedürften nach § 488 Abs. 3 S. 1 BGB zur Begründung der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs der Kündigung. Das sei bei einem Darlehen mit annuitätischer Tilgungsabrede nicht der Fall.


PRAXISTIPP

Die Klarstellung durch das OLG Karlsruhe ist erfreulich, war es doch der Senat selbst, der in der Vergangenheit durch prozessleitende Hinweise, welche gerne durch Verbraucherkanzleien aufgegriffen wurden, zur Verunsicherung im Hinblick auf diese Frage beigetragen hat. Dabei ist es, anders, als es wohl Auffassung des Senats ist, keinesfalls widersprüchlich, sowohl die Angabe „unbestimmte Laufzeit“ als auch die Angabe „befristet“ als zutreffend anzusehen. Denn mit „unbestimmte Laufzeit“ ist bei einer unechten Abschnittsfinanzierung dem Wortsinne nach lediglich gemeint, dass für die Bank die Laufzeit bei Vertragsschluss noch nicht exakt „bestimmbar“ ist, weil es während der Vertragslaufzeit noch zu einer erneuten Festzinsabrede oder – falls eine solche nicht erfolgt – einer variablen Verzinsung kommt, durch welche sich die Laufzeit verkürzen oder verlängern kann. Daher ist die Angabe „unbestimmt“ keineswegs mit „unbefristet“ gleichzusetzen. Aus diesem Grund wurde die Laufzeitangabe „unbestimmt“ zutreffend durch verschiedene Gerichte als wirksam angesehen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 21.12.2018 – 23 U 82/18).

Dass bei einem Darlehen mit annuitätischer Tilgungsabrede die Laufzeit aufgrund eben dieser Abrede lediglich „befristet“ ist, liegt auf der Hand. Dem steht es nicht entgegen, dass die Laufzeit bei der unechten Abschnittsfinanzierung anfänglich noch nicht exakt feststeht.


Beitragsnummer: 22581

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