Stephanie Kamp LL.M., Rechtsanwältin und Compliance Officer (Univ.) mit dem Tätigkeitsschwerpunkt der Beratung in den Gebieten des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts sowie der Criminal Compliance, stetter Rechtsanwälte in München
In dieser und der nächsten Ausgabe werden wir uns dem Thema Geldwäsche widmen. Dieser Beitrag geht zunächst auf den Begriff der Geldwäsche im Allgemeinen ein, um sodann einen Überblick über das AML-Paket (Anti Money Laundering Package) der Europäischen Union zu geben. Der Beitrag von OStA a. D. Dr. Hans Richter wird sich in der nächsten Ausgabe des BankPraktiker mit dem strafrechtlichen Geldwäschebegriff und der Bekämpfung der Geldwäsche aus Sicht der deutschen Ermittlungsbehörden auseinandersetzen.
Nach Schätzung der EU werden jedes Jahr zwischen 715 Milliarden und 1,87 Billionen Euro des weltweiten Bruttoinlandsprodukts Formen von Geldwäsche unterzogen. 70 Prozent der in der EU aktiven kriminellen Netzwerke wenden irgendeine Form der Geldwäsche an, um ihre Geschäfte zu finanzieren und ihre Vermögenswerte zu verschleiern, wobei 80 Prozent der in der EU aktiven kriminellen Netzwerke legale Unternehmensstrukturen für ihre kriminellen Aktivitäten missbrauchen. Das heißt, dass sich die jährliche Summe der an geldwäscheverdächtigen Aktivitäten und Transaktionen unter Nutzung des Finanzsystems und der Wirtschaft der EU in einer Größenordnung zwischen 117 und 210 Milliarden Euro bewegt.[1]
Diese hohe Summe aber auch der Umstand, dass größere Geldwäscheskandale bei grenzüberschreitend tätigen Kreditinstituten zu Tage traten, sorgte dafür, dass sich die EU-Kommission zum Handeln veranlasst sah und im Mai 2020 einen Aktionsplan vorstellte, auf den im Juli 2021 ein umfangreiches Paket mit Gesetzgebungsvorschlägen folgte. Die Geldtransferverordnung, die im Mai 2023 beschlossen wurde, war bereits ein wesentlicher Teil dieses Aktionspakets. Sie stellte eine Neufassung der Geldtransfervorschriften unter besonderer Berücksichtigung des Transfers von Krypto-Werten dar und zielt darauf ab, diesen Transfer transparenter und nachvollziehbarer zu machen. In diesem Jahr haben nun der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament Einigung über das eigentliche AML-Paket erzielt, wodurch die neuen und maßgeblichen EU-Vorschiften zur Bekämpfung der Geldwäsche im April 2024 verabschiedet werden konnten.[2]
Im Folgenden soll ein erster Überblick über das neue AML-Paket gegeben werden:
Durch das AML-Paket sollen die Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung EU-weit harmonisiert werden. Die beiden wesentlichen Bestandteile des AML-Pakets sind die neue Geldwäscheverordnung AML-R und die Geldwäscherichtlinie AML-D.
Überblick über die neue Geldwäscheverordnung AML-R:
- Die Geldwäscheverordnung AML-R entfaltet ihre Wirkung als geltendes Recht EU-weit für alle Verpflichteten drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten. Einer nationalen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bedarf es nicht.
- Finanzinstitute, Banken, Immobilienagenturen, Vermögensverwaltungsdienste, Kasinos und Händler bilden den Kern der Verpflichteten und sollen eine zentrale Rolle als „Gatekeeper“ im Rahmen der Geldwäschebekämpfung und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung einnehmen. Da diese in Hinblick auf die Aufdeckung verdächtiger Aktivitäten eine privilegierte Position einnehmen. Kredit- und Finanzinstitute müssen nach der Verordnung verstärkte Sorgfaltsmaßnahmen ergreifen, wenn sie aufgrund von Geschäftsbeziehungen mit sehr wohlhabenden Personen (mit hohem Nettowert) mit der Verwaltung einer großen Menge an Vermögenswerten betraut sind.
- Die neuen Vorschriften gelten auch für den Krypto-Sektor, wodurch entsprechende Dienstleister gezwungen werden sollen, Sorgfaltspflichten in Bezug auf ihre Kunden ab einer Transaktionshöhe von 1.000 Euro anzuwenden. Darüber hinaus bestehen zusätzliche Vorgaben zur Minderung der Risiken in Zusammenhang mit Transaktionen mit selbstverwalteten elektronischen Geldbörsen.
- Auch Händler von Luxusgütern sind Verpflichtete der Verordnung und müssen Sorgfalts- und Meldepflichten nachkommen. Die Liste der Verpflichteten erstreckt sich nun auch in den Profisportbereich, so gehören Profifußballvereine und deren Agenten neu zum Kreis der Verpflichteten.
- Für Barzahlungen gilt eine EU-weite Obergrenze in Höhe von 10.000 Euro, wobei Mitgliedstaaten eine niedrigere Obergrenze festlegen können. Verpflichtete der Verordnung müssen darüber hinaus eine Identitätsermittlung und Überprüfung von Personen durchführen, wenn diese gelegentlich Bartransaktionen zwischen 3.000 und 10.000 Euro vornehmen.
- Auch die Vorschriften zum wirtschaftlichen Eigentum werden durch die Verordnung stärker vereinheitlicht und transparenter. Das wirtschaftliche Eigentum haben nach der Verordnung die Personen, die das Eigentum an einer juristischen Person tatsächlich kontrollieren oder davon profitieren, selbst wenn der Titel oder das Eigentum auf einen anderen Namen lautet. Das wirtschaftliche Eigentum beruht auf zwei Komponenten – Eigentum und Kontrolle –, beide müssen analysiert werden, um sämtliche wirtschaftlichen Eigentümer der betreffenden juristischen Person zu ermitteln, wenn sie in der EU tätig ist oder in der EU-Immobilien erwirbt. Als Schwellenwert für das wirtschaftliche Eigentum wurden 25 % festgelegt.
- Verpflichtete müssen bei gelegentlichen Transaktionen und Geschäftsbeziehungen mit Drittländern mit hohem Risiko verstärkte Sorgfaltsmaßnahmen ergreifen, wenn die nationalen Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in diesen Ländern aufgrund von Schwachstellen eine Gefahr für die Integrität des EU-Binnenmarkts darstellen.
Überblick über die Geldwäscherichtlinie AML-D:
- Die Geldwäscherichtlinie AML-D muss hingegen innerhalb von zwei Jahren nach ihrem Inkrafttreten in nationales Recht durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Sie löst die bisherige Richtlinie (AMLD5) ab und soll einen einheitlichen Rahmen für nationale Sicherungsmaßnahmen vorgeben. Sie enthält Vorgaben für die Einrichtung der Register der wirtschaftlich Berechtigten, der nationalen Financial Intelligence Units (FIUs) und der nationalen Aufsichtsbehörden.
- An das Register wirtschaftlicher Eigentümer übermittelte Informationen müssen überprüft werden. Unternehmen oder Vereinbarungen, die mit Personen oder Unternehmen verbunden sind, gegen die gezielte finanzielle Sanktionen verhängt wurden, sind hierbei entsprechend zu kennzeichnen. Im Fall von Zweifeln an der Richtigkeit der vorliegenden Informationen sind die zuständigen Einrichtungen befugt, Inspektionen in den Räumlichkeiten registrierter juristischer Personen durchzuführen. Zugang zum Register sollen Aufsichts- und andere Behörden sowie Verpflichtete und Vertreter der Öffentlichkeit mit einem berechtigten Interesse erhalten.
- Die bereits in den Mitgliedstaaten eingerichteten zentralen Meldestellen erhalten direkten Zugang zu Finanz-, Verwaltungs- und Strafverfolgungsinformationen, wie beispielsweise Steuerinformationen, Informationen zu Vermögensarresten, Kraftfahrzeug-, Luftfahrzeug- und Wasserfahrzeugregistern, Zolldaten und nationalen Waffenregistern. Die zentralen Meldestellen haben weiterhin die Aufgabe, Informationen an die für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden weiterzugeben – einschließlich Behörden mit Ermittlungs-, Strafverfolgungs- oder Rechtsprechungsbefugnissen.
- Jeder Mitgliedstaat hat dafür Sorge zu tragen, dass alle in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Verpflichteten der angemessenen und wirksamen Aufsicht durch eine oder mehrere Aufsichtsbehörden unterliegen. Aufsichtsbehörden melden den zentralen Meldestellen Verdachtsfälle. Für den Nichtbankensektor werden neue Aufsichtsmaßnahmen eingeführt, sogenannte Aufsichtskollegien. Die zentraleuropäische Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Anti Money Laundering Authority, AMLA) mit zukünftigem Sitz in Frankfurt am Main wird Entwürfe technischer Regulierungsstandards erarbeiten, in denen die allgemeinen Bedingungen für ordnungsgemäß arbeitende AML-/CFT-Aufsichtskollegien festgelegt werden.
Festzuhalten ist, dass mit dem AML-Paket die Anforderungen an Verpflichtete in Bezug auf Sorgfalts- und Meldepflichten erneut gestiegen sind. Stete Fortbildung in diesem Bereich ist nicht nur empfehlenswert, sondern absolut unerlässlich. Sowohl der BankPraktiker als auch der IKS-Praktiker des FCH werden sicherlich ihren Beitrag dazu leisten.
Beitragsnummer: 22606