Andreas von Usedom, Bereichsleiter Business Excellence & IT bei der Volksbank eG – Die Gestalterbank/Geschäftsführer der AVURA GmbH
Dieser Beitrag basiert auf einer Abschlussarbeit des Trainingsprogramms Oberste Personalebene (TOP) an der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG), der erste Teil des Beitrags ist in der vorherigen Ausgabe des BankPraktiker erschienen.
I. Modelle und Methoden für das Management von Unternehmenswissen
1. Methoden zur Operationalisierung in einer Genossenschaftsbank
Die im vorigen Beitrag eingeführten Grundlagen für einen bewussten und ganzheitlichen Umgang mit der Ressource Wissen ergänzen die vorgestellten psychosozialen bzw. kybernetischen Konzepte. Für die Umsetzung bzw. die Etablierung eines Wissensmanagements wird im folgenden Abschnitt auf eine kompakte Auswahl an Methoden eingegangen, die auf den gewonnenen Erkenntnissen aufbauen.
Im Hinblick auf die Praktikabilität der folgenden Methodenauswahl für eine Primärbank sind aus Sicht und Erfahrung des Autors keine wesentlichen Besonderheiten im Vergleich zu anderen wissensintensiven Organisationen festzustellen. Es bedarf hier also keiner differenzierten Betrachtung oder gar der Erstellung eines branchenspezifischen Lastenheftes oder Anforderungskataloges. Es gilt demzufolge weiterhin, den Perspektiven „Mitarbeiter“ und „Prozesse“ die größte Aufmerksamkeit zu widmen.
Wesentlicher Erfolgsfaktor ist vor diesem Hintergrund die Akzeptanz der Methode innerhalb der Organisation. Wissensmanagement an sich ist kein Selbstzweck und sollte daher aus Sicht des Autors eher unterschwellig (im besten Sinne), also pragmatisch und quasi „en passant“, eingeführt werden, anstatt dies als isolierte strategische Maßnahme zu proklamieren. Nachhaltige Organisationsentwicklung, und darum handelt es sich bei der Einführung eines Wissensmanagements, erfolgt stets in kleinen Schritten. Erst mit der Zeit wächst bei den Beteiligten durch gemeinsame Erfolge zunehmend auch Vertrauen in den eingeschlagenen Weg. Der strategische Sinn wird häufig erst nach einiger Strecke, mit Blick zurück, voll erfasst. Ungeachtet dessen ist es unerlässlich, stets eine klare Vision, also das angestrebte Ziel, glaubhaft zu formulieren.
Auf dem Weg hin zu einer Wissensorganisation sind zunächst die Rahmenbedingungen entscheidend, dies beginnt bei ihrer Struktur. Agilen Organisationen ist dabei das Prinzip der Subsidiarität gemein: Entscheidungen werden mit größtmöglicher Selbstbestimmung getroffen. Die nächsthöhere Hierarchieebene greift prinzipiell nur dann ein, wenn die niedrigere Ebene nicht in der Lage ist, die Aufgabe eigenständig zu lösen. Im Vordergrund steht aber auch dann die Hilfe zur Selbsthilfe.
Subsidiarität ist zugleich integraler Bestandteil des Genossenschaftsprinzips.[1] Genossenschaftsbanken sind daher aus ihrem Selbstverständnis heraus geradezu prädestiniert, sich als agile Unternehmen zu organisieren. Auf dem Transformationsweg dorthin kann dieser Bezug aus Sicht des Autors als ein authentisches, sinnstiftendes Argument von besonderem Wert sein.
Eine Methode, die oben beschriebene Autonomie und die damit verbundene Agilität zu erreichen, ist, eine Aufbauorganisation in Anlehnung an das Viable System Model (VSM)[2] zu etablieren. Ausgerichtet an einem großen Ganzen (Vision und Strategie) werden hierdurch Wissensnetzwerke ins Leben gerufen, die effektive Selbstorganisation ermöglichen. Die Etablierung sog. Communities of Practice (Wissensgemeinschaften, CoP) oder, auf die Wertschöpfung bezogen, bereichsübergreifender kundenzentrierter Prozessteams ist vor diesem Hintergrund von elementarem Nutzen. [...]
Beitragsnummer: 22660