Andreas Schmidt, Bereichsleiter Unternehmensplanung und -steuerung, VR Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg eG
I. Neue Herausforderungen durch ESG-Risiken
Mit der Veröffentlichung der 7. MaRisk-Novelle im Jahr 2023 fand eine deutliche Ausweitung der aufsichtlichen Anforderungen zu ESG-Risiken im Risikomanagement statt. Diese stehen dahingehend im aufsichtlichen Anspruch auf einer Ebene mit den per Definition stets wesentlichen Risikoklassen der Markt-, Kredit-, Liquiditäts- und operationellen Risiken. ESG-Risiken unterscheiden sich jedoch auch in mehrerlei Hinsicht von diesen „klassischen“ Risiken.
Eine erste Besonderheit ist deren Querschnittlichkeit, also dass ESG-Risiken als Risikotreiber auftreten und in anderen Risikoklassen, wie z. B. im Kreditrisiko, ihre Wirkung entfalten. Durch diese Art Metaebene entfaltet sich jedoch auch eine besondere Komplexität, exponenziert um die ESG-Ebenen Environmental, Social und Governance – und wiederum weiterer Subebenen. Die ohnehin limitierte Quantifizierbarkeit von ESG-Risiken wird so zusätzlich erschwert. Erschwernisse liegen bereits in der mangelnden Verfügbarkeit und Validierbarkeit von Daten und den Zeitspannen, welche herkömmliche Risikobetrachtungshorizonte übersteigen. Insofern befinden sich auch Risikomessmodelle in den Kinderschuhen und auch die Anwendbarkeit von ESG-Rating- oder -Scoringmodellen hängt vom Kontext ab.
Im BaFin-Journal vom 23.02.2023 schreibt dazu auch Dr. Rainer Sachs wie folgt: „ESG-Risiken dürfen nicht wie hergebrachte Risiken mit dem Anspruch auf Quantifizierung behandelt werden. Dieser Fokus schränkt den Lösungsraum ein. Statt nur mehr von dem Gleichen braucht man auch andere Ansätze. Dazu zählt eine Aufwertung des qualitativen Risikomanagements. Auch wenn dies zunächst undankbar erscheint, da am Ende keine Zahl steht, die man abhaken kann. Stattdessen ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Ergebnis erforderlich.“ [...]
Beitragsnummer: 22714