Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
Wie bereits in der März-Ausgabe 2024 des BTS Newsletters auf S. 13 f. ausgeführt, müssen sich aktuell x-fache Instanzgerichte mit solchen von der Schutzgemeinschaft für Bankkunden, Kapitalanleger und Versicherungsnehmer e.V. (auch frühere Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V.) initiierten Strafklageverfahren mit der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Rechtsfrage auseinandersetzen, ob es sich bei den durch Kreditinstitute in Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 5 ZKG an solche am Abschluss von Basiskontoverträgen interessierten Kunden im Vorfeld eines etwaigen Vertragsschlusses zu Transparenz- und Vergleichszwecken erteilte Entgeltinformation um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. AGB-Regelungen handelt mit der Konsequenz, dass dann bei Erfüllung der weiteren hierfür notwendigen Voraussetzungen ein Verstoß gegen die vor Jahren von den Kreditinstituten abgegebene Unterlassungserklärung angenommen werden könnte.
Während viele Instanzgerichte und insbesondere zuletzt auch das Oberlandesgericht Celle in zwei Beschlüssen vom 22.03.2024 und 14.05.2024, 3 U 10/24, den AGB-rechtlichen-Charakter der Entgeltinformation nach § 5 ZKG bejaht und damit auch den Verstoß gegen die Unterlassungserklärung angenommen haben, werden mit der Zeit immer mehr instanzgerichtliche Entscheidungen bekannt, die mit unterschiedlichen Argumenten die diesbezüglichen Klagen der Schutzgemeinschaft als unbegründet zurückgewiesen haben. So hat das Landgericht Rottweil bereits in einer Entscheidung vom 17.08.2023, 2 O 120/23, die Klage der Schutzgemeinschaft mit dem Argument abgewiesen, das zur Hemmung der Verjährung vor der Industrie- und Handelskammer als Gütestelle eingeleitete Güteverfahren sei rechtsmissbräuchlich erfolgt mit der Konsequenz, dass eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten und daher sämtliche etwaigen Ansprüche verjährt seien (so wohl auch OLG Brandenburg in seiner Hinweisverfügung vom 21.05.2024, 7 UKI 2/23).
Das Landgericht Hechingen hat wiederum in seinem Urteil vom 07.06.2024, 1 O 191/23, BeckRS 2024, 17549 (vgl. hierzu die zust. Anm. v. Kopp, ZIP 2024, 2126 f.) die Klage der Schutzgemeinschaft mit dem Argument als unbegründet abgewiesen, die zu Transparenz- und Vergleichszwecken erteilte Entgeltinformation nach § 5 ZKG stelle keine AGB dar, da dem Kunden hierdurch im Vorfeld eines etwaigen Vertragsabschlusses allein nur ein Überblick über die Entgelte verschafft werden soll, ohne dass diese Information jemals Vertragsbestandteil wird, was für jeden durchschnittlichen Verbraucher offenkundig sei (so auch Thume, WuB 2024, 19 ff.; Gerlach/Bohne, BKR 2024, 492 ff. sowie Kopp, ZIP 2024, 2126; so auch BGH, Urteil v. 11.07.2012, IV ZR 164/11 Rn. 35 für eine in Erfüllung der gesetzlichen Pflicht erteilte „Verbraucherinformation“).
Das Oberlandesgericht Stuttgart lässt demgegenüber in seiner Entscheidung vom 10.07.2024, 9 UKI 2/24, BeckRS 2024, 18104, die Frage des AGB-rechtlichen-Charakters der Entgeltinformation offen. Dies deshalb, weil nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart die Auslegung der Entgeltinformation unter Berücksichtigung des in der Entgeltinformation in Bezug genommenen Glossars, in welchem die in der Entgeltinformation verwendeten Begriffe dem interessierten Verbraucher erklärt werden, der von der Schutzgemeinschaft monierte Verstoß gegen die vom Institut in früheren Jahren abgegebene Unterlassungserklärung offenkundig nicht vorliegt.
Auch wenn es hierauf nicht ankam, legt das OLG Stuttgart mit einer umfassenden Begründung noch dar, dass und aus welchen Gründen entgegen der früheren Rechtspraxis § 6 Abs. 1 UKlaG nach der seit Ende 2023 geltenden neuen Fassung nicht mehr dahingehend verstanden werden kann, dass auch für Vertragsstrafe-Verfahren die in § 6 Abs. 1 UKlaG erwähnten Oberlandesgerichte zuständig seien. Vielmehr seien, so das OLG weiter, für Vertragsstrafe-Verfahren nunmehr die „üblichen“ Zuständigkeitsregelungen maßgeblich, wonach – je nach Streitwert – allein die betreffenden Amts- oder Landgerichte zuständig seien.
PRAXISTIPP
Die vorstehend zitierten drei Entscheidungen und insbesondere die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgart sowie des Landgerichts Hechingen einschließlich der vorstehend zitierten Literatur werden hoffentlich dazu führen, dass sich nunmehr alle Instanzgerichte ernsthaft mit den rechtlichen und tatsächlichen Argumenten auch der Kreditinstitute werden befassen und zudem entscheiden müssen, ob sie oder nicht doch die in § 6 Abs. 1 UKlaG erwähnten Oberlandesgericht zuständig sind. Letztendlich werden auch diese Fragen vom Bundesgerichtshof geklärt werden müssen, nachdem in solchen von der Schutzgemeinschaft oder von Verbraucherzentralen initiierten Verfahren in der Regel eine vergleichsweise Regelung nicht gewünscht wird.
Beitragsnummer: 22738