Daniel Guschauski, Head of Business Development, Customer Value Services, Verband der Vereine Creditreform e.V.
Die fortschreitende Digitalisierung wird Banken neue Möglichkeiten bieten, den Aufwand bei Know Your Customer (KYC)-Prozessen zu senken und gleichzeitig die Sicherheits- und Compliance-Anforderungen zu erfüllen. Digitale B2B-Identitäten spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie basieren auf einer technischen Infrastruktur, die es ermöglicht, verifizierte Identitätsnachweise sicher und effizient auszutauschen. Der Einsatz solcher Identitäten könnte den Prüfaufwand in KYC-Prozessen erheblich verringern und zugleich die Einhaltung regulatorischer Vorgaben erleichtern.
Was sind digitale B2B-Identitäten und wie funktionieren sie?
Digitale B2B-Identitäten bestehen aus elektronischen Nachweisen, die von vertrauenswürdigen Institutionen – den sogenannten Issuern – ausgestellt werden. Diese Nachweise enthalten wichtige Attribute von natürlichen oder juristischen Personen, die dann von anderen Parteien, für digitale Prüfprozesse verarbeitet und auf Ihre Echtheit verifiziert werden können. Der sogenannte „Holder“ ist der Besitzer dieser Identitätsnachweise und kann sie je nach Bedarf an andere Parteien weitergeben.
Das zentrale Konzept basiert auf einer interoperablen, standardisierten Identitätsinfrastruktur. Dadurch können Unternehmen verifizierte Nachweise sicher speichern und bei Bedarf in verschiedenen Geschäftsbeziehungen nutzen. Dies hat das Potential den manuellen Aufwand insbesondere für Identitätsprüfungen in der Finanzbranche erheblich zu reduzieren.
Herausforderungen und Ineffizienzen der derzeitigen KYC-Prozesse in B2B-Umgebungen
Die derzeitigen KYC-Prozesse in B2B-Umgebungen sind durch zahlreiche Herausforderungen geprägt. Banken sind verpflichtet, die Identität von Geschäftspartnern regelmäßig zu überprüfen, was oft mit hohem manuellem Aufwand verbunden ist. Insbesondere bei internationalen Transaktionen müssen dieselben Nachweise mehrfach überprüft werden, was zu ineffizienten Prüfprozessen führt. Darüber hinaus sind die Datensicherheit und der Datenschutz ein großes Thema, da viele Identitätsdaten in unterschiedlichen Systemen gespeichert und bearbeitet werden.
Ein weiterer Engpass ist die fehlende Standardisierung. Unterschiedliche Prüfmethoden und Datenanforderungen erschweren den Austausch von Informationen zwischen Banken und anderen Finanzinstituten. Dies führt zu unnötigen Verzögerungen und steigenden Kosten für Compliance-Maßnahmen.
Welche Vorteile bringt die digitale B2B-Identität für die Optimierung und Automatisierung von KYC-Prozessen?
Die Implementierung digitaler B2B-Identitäten kann den KYC-Prozess erheblich optimieren. Durch die Wiederverwendbarkeit verifizierter Nachweise entfällt die Notwendigkeit, dieselben Identitätsinformationen mehrfach zu prüfen. Das spart nicht nur Zeit, sondern senkt auch die Kosten für die Überprüfung. Ein einmal ausgestellter Nachweis kann von mehreren Institutionen genutzt werden, wodurch sich der Prüfaufwand für alle Beteiligten reduziert.
Digitale Identitäten ermöglichen zudem eine automatisierte Verifizierung, bei der mithilfe von OpenID-basierten Schnittstellen die relevanten Identitätsdaten sicher und effizient ausgetauscht werden. Dies verbessert nicht nur die Effizienz, sondern erhöht auch die Genauigkeit der KYC-Prozesse, da Fehler, die durch manuelle Eingaben entstehen, minimiert werden.
PRAXISTIPPS
- Entwicklungen aktiv verfolgen: Banken sollten die fortlaufenden regulatorischen und technologischen Entwicklungen im Bereich digitaler Identitäten engmaschig beobachten, insbesondere im Hinblick auf das europäische EUDI-Framework, um frühzeitig Chancen und Risiken zu erkennen.
- Regulatorische Teilnahme prüfen: Banken können durch aktive Mitarbeit in Arbeitsgruppen und Konsultationen zur Entwicklung von Standards und Rahmenbedingungen beitragen. Dies ermöglicht es, zukünftige KYC-Anforderungen mitzugestalten und eigene Bedürfnisse einzubringen.
- Frühzeitig evaluieren: Finanzinstitute sollten schon heute bewerten, inwiefern OpenID-basierte Identitätslösungen in bestehende Systeme integriert werden können. Pilotprojekte können dabei helfen, sich auf die kommenden Anforderungen vorzubereiten.
- Risiken und Chancen abwägen: Da die Einführung digitaler Identitätsökosysteme ein langfristiger Prozess ist, sollten Banken sich nicht nur auf die Vorteile konzentrieren, sondern auch potenzielle Risiken wie Unsicherheiten in der Regulierung oder technische Herausforderungen berücksichtigen. Der flexible Umgang mit diesen Aspekten wird entscheidend sein.
Beitragsnummer: 22753