Thomas Jurk, Senior Consultant, FCH Consult GmbH
Die Anforderungen an die Eignung und Zuverlässigkeit („Fit & Proper") von Mitgliedern der Geschäftsleitung und Inhaber von Schlüsselfunktionen in Banken werden sukzessive durch die Aufsichtsbehörden ausgebaut. Hintergrund sind nicht zuletzt die Krisen im Bankensektor der Vereinigten Staaten und der Schweiz. Diese haben uns aufgezeigt, welche Folgen das Fehlen von Know-how, Regelungen und Prozessen zur Gewährleistung der internen Governance und des Risikomanagements sowie Mängel im Lenkungsvermögen der Leitungsorgane haben. Aber auch eine wirksame Steuerung der Kreditrisikos, Strategien zur digitalen Transformation, fortlaufende Programme zur Abwehr von Cyberrisiken und Maßnahmen zu einem schnelleren ökologischen Wandel spielen eine wesentliche Rolle im Mindset der Aufsicht.
Regulatorischer Rahmen
Die Europäischen Aufsichtsbehörden, insbesondere die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), haben dazu umfangreiche Leitlinien entwickelt. Diese Leitlinien berücksichtigen die Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD V) und die Investmentfirmenrichtlinie (IFD). Diese EBA- und ESMA-Guidelines fordern von Banken explizit, dass sie sicherstellen, dass die Mitglieder ihrer Geschäftsleitung sowohl individuell als auch kollektiv über ausreichende Qualifikationen verfügen, um ihre Aufgaben angemessen zu erfüllen. Hierzu ist ein interner Prozess, welcher die fortlaufende Eignung der Geschäftsleiter bewertet, einzurichten.
Übersicht zu EU-Richtlinien und Guidelines
- ESMA and EBA Guidelines on the assessment of the suitability of members of the management body and key function holders under Directive 2013/36/EU and Directive 2014/65/EU (ESMA35-36-2319, EBA/GL/2021/06)
- EBA Guidelines on internal governance (EBA/GL/2021/05)
- Richtlinie (EU) 2024/1619 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie (EU) 2024/1619)
- Weitere Informationen auf den Internetseiten der Europäischen Zentralbank unter Aufsichtspraxis – Aufgaben: Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit
In Deutschland ist die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) für die Überprüfung und Genehmigung von Geschäftsleitern in Banken verantwortlich. Die Prüfung erfolgt in enger Abstimmung mit der EBA und im Kontext zu den nationalen Vorschriften.
Übersicht zu nationalen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften
- Kreditwesengesetz (KWG)
- Verordnung über die Anzeigen und die Vorlage von Unterlagen nach dem Kreditwesengesetz
- Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)
- Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB
- Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB
- Weitere Informationen auf den Internetseiten der Deutschen Bundesbank unter Bankenaufsicht – Einzelaspekte: Eignungsprüfung, Erlaubnisverfahren, Inhaberkontrolle
Eignungskriterien
Die Fit & Proper Anforderungen basieren auf mehreren wesentlichen Faktoren:
- Fachliche Kompetenz und Erfahrung: Die Geschäftsleiter müssen über theoretische und praktische Kenntnisse verfügen, um die Geschäftstätigkeit und die damit verbundenen Risiken des Kreditinstituts zu verstehen und steuern zu können.
- Persönliche Integrität und Ruf: Der Leumund der Kandidaten ist eine grundlegende Anforderung. Dazu gehört auch, dass sie keine Vorstrafen und Vermögens- und Steuerdelikte begangen haben. Aufsichtliche Verwarnungen, auf Basis von bedeutenden Feststellungen und aufsichtlichen Maßnahmen, können die Integrität nachhaltig einschränken.
- Zeitliche Verfügbarkeit: Führungskräfte müssen sich ausreichend Zeit für ihre Aufgaben nehmen können, um ihrer Verantwortung vollumfänglich gerecht zu werden.
- Kollektive Eignung: Neben der individuellen Eignung wird auch die kollektive Eignung der Geschäftsleiter betrachtet. Das bedeutet, dass das gesamte Team über ein ausreichendes Maß an theoretischen und praktischen Kenntnissen in den betreffenden Geschäften sowie ausreichend Leitungserfahrung haben muss.
NEU: Bankaufsichtsrechtliche Anforderungen an interne Funktionen
Aufgrund von praktischen Erfordernissen, aber vor allem auf Basis von regulatorischen Neuerungen, wächst das Beauftragtenwesen, insbesondere in den bedeutenden Instituten (Significant Institutions – SIs), signifikant. Sollten Sie die folgenden Funktionen einrichten (müssen), sind diese in jedem Fall den Schlüsselfunktionen im Institut zuzuordnen.
IKS-Beauftragter (LSI/ SI)
Die Weiterentwicklung & Überwachung des Internen Kontrollsystems auf Prozessebene erfordert die Einrichtung einer internen Koordinationsfunktion, um die Komplexität der internen Einbindungs- und Abstimmungsprozesse zur effizienten IKS-Umsetzung zu gewährleisten.
IKT-Risikomanagementfunktion (LSI/ SI)
Mit dem Inkrafttreten derEU-Verordnung – Digital Operational Resilience Act (DORA) – zum 17.01.2025 wird die Einrichtung von IKT-Risikomanagementfunktionen gefordert. In vielen Fällen wird derzeit eine eigene Organisationseinheit aufgebaut, welche die Bereiche der Informationssicherheit, Business Continuity Management (BCM) sowie Auslagerungsmanagement umfasst.
Menschenrechtsbeauftragter (SI)
Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG, 01/2023) sind verpflichtete Institute aufgefordert, einen Menschenrechtsbeauftragten festzulegen. Dieser ist für die Gewährleistung eines wirksamen und angemessenen Risikomanagements zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten direkt unterhalb der Geschäftsleitung verantwortlich.
Vergütungsbeauftragter (SI)
Mit der Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme (InstitutsVergV) sind die Institute aufgefordert, einen Vergütungsbeauftragten einzurichten. Dieser Beauftragte hat die Angemessenheit der Vergütungssysteme der Mitarbeitenden ständig zu überwachen. Zur Konkretisierung dieses Gesetzes hat die BaFin umfassende Informationen (FAQ) veröffentlicht.
PRAXISTIPPS für Geschäftsleiter & Inhaber von Schlüsselfunktionen
- Weiterbildungsplan: Denken Sie mindestens einmal pro Jahr, besser halbjährlich (!), über Ihre persönliche Weiterbildung nach. Buchen Sie auch Grundlagen- und Qualifizierungsprogramme, insbesondere bei der Übernahme von neuen Aufgaben- und Verantwortungsbereichen. Dies wird die Aufsicht bei Mitgliedern des Leitungsorgans und Inhaber von Schlüsselfunktionen im Zweifel auch einfordern. Know-how und Praxiserfahrung sind die essentiellen Grundlagen für den nächsten Schritt auf der Karriereleiter.
- Bildungsnachweise: Reichen Sie proaktiv Prüfungsergebnisse, Zertifikate und Teilnahmebescheinigungen bei Ihrer Personalabteilung ein. Das Institut muss jederzeit in der Lage sein, Auskunft über die fachliche Eignung, insbesondere von Mitgliedern des Leitungsorgans und Inhaber von Schlüsselfunktionen, geben zu können. Leistungsnachweise sind neben fortlaufenden Beurteilungen ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung der regulatorischen Fit & Proper-Anforderungen.
- Interne Schulungen: Interne Informations- und Schulungsmaßnahmen sind auch wichtige Maßnahmen zur Qualifizierung von Fach- und Führungskräften. Dies erfolgt in vielen Instituten nicht nur für Mitarbeitende, sondern auch für Vorstände/Geschäftsführer (z. B. DORA-Qualifizierung, IKS-Schulungen) sowie für Mitglieder von Aufsichts- und Verwaltungsräten (z. B. regulatorische Updates). Erstellen Sie auch für diese Termine eine Teilnehmerliste und dokumentieren Sie diese Maßnahmen in der Personalakte bzw. im Personal-/Vorstandsbereich.
Beitragsnummer: 22765