Freitag, 22. November 2024

Abgrenzung Verbraucher-/Unternehmereigenschaft

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In einem Fall, in welchem zwei natürliche Personen ein grundschuldbesichertes Darlehen zur Finanzierung des Kaufs einer Wohnimmobilie aufgenommen hatten, welche diese zur entgeltlichen Vermietung vorgesehen hatten und mit dessen Vermietung die natürlichen Personen Einnahmen erzielen wollten, hat der EuGH in seinem Urteil vom 24.10.2024, C 347/23 (ZIP 2024, 2643), zunächst daran erinnert, dass sich die Frage, ob eine natürliche Person Verbraucher oder Unternehmer ist, anhand eines funktionellen Kriteriums zu beurteilen ist, nämlich, ob die in Rede stehende Vertragsbeziehung außerhalb der Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit liegt, wobei der Begriff „Verbraucher" objektiven Charakter hat und unabhängig ist von den konkreten Kenntnissen, die die betreffende Person haben mag, oder den Informationen, über die sie tatsächlich verfügt (Rn. 25). Dies zugrunde legend führt der EuGH sodann aus, dass es allein Sache des nationalen Gerichts ist, unter Berücksichtigung aller Beweise sowie insbesondere des Vertrags zu prüfen, ob die natürlichen Personen im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder aber zu anderen Zwecken gehandelt haben, wobei u. a. die Art des vom Vertrag erfassten Vermögensgegenstandes zu berücksichtigen ist (Rn. 30). Zugleich weist der EuGH darauf hin, dass die betroffenen natürlichen Personen, vorbehaltlich der vom nationalen Gericht noch vorzunehmenden Prüfung, mit dem Abschluss des Darlehens seiner Meinung nach keine gewerblichen oder beruflichen Zwecke verfolgten, der Vertrag vielmehr der Steigerung ihres Privatvermögens diente; dies deshalb, weil der Erwerb der durch das Darlehen finanzierten Wohnimmobilie für sie eine Art Investition darstellte (Rn. 33). Dem stünde nach Auffassung des EuGH auch nicht entgegen, dass die betroffenen Verbraucher beabsichtigten, die Wohnimmobilie zu vermieten, um daraus finanzielle Vorteile zu ziehen, und dass sie die Dienste eines Fachmanns in Anspruch genommen haben, um den Erwerb der Immobilie durchzuführen und deren Vermietung zu verwalten.


PRAXISTIPP

Auch wenn der EuGH angedeutet hat, die betroffenen natürlichen Personen bei Abschluss des Darlehensvertrages als Verbraucher ansehen zu wollen, bleibt abzuwarten, ob das allein für die Qualifizierung der natürlichen Person als Verbraucher zuständige nationale Gericht dies auch so sehen wird. Denn die Absicht, Gewinne zu erzielen sowie die Einschaltung eines Fachmanns zur Immobilienverwaltung sprechen eher für eine gewerbliche Tätigkeit.


Beitragsnummer: 22805

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