
Sanela Kukuljac, Prokuristin/Stellvertretende Bereichsleiterin MFA & Problemkreditmanagement/Abteilungsleiterin Immobilien- und Kreditrisikomanagement, Volksbank Allgäu-Oberschwaben eG
Ich bin seit über 25 Jahren in der Bankenbranche tätig. Nach meiner Ausbildung zur Bankkauffrau begann ich meine Karriere in der Marktfolge-Aktiv, wo ich in verschiedenen Bereichen über 15 Jahre hinweg umfangreiche Erfahrung sammeln konnte. Anschließend wechselte ich in die Interne Revision mit dem Schwerpunkt Kreditgeschäft und vertiefte meine Kompetenzen in den Bereichen Beratung, Coaching und Insourcing weiter. Seit sechs Jahren trage ich Führungsverantwortung in der Marktfolge-Aktiv und bin als Prokuristin Teil der strategischen Entscheidungsfindung in unserer Bank.
Der Bankenmarkt unterliegt seit Jahren einem stetigen Wandel – getrieben durch zunehmende regulatorische Anforderungen, Digitalisierung und wirtschaftlichen Unsicherheiten. Eine der jüngsten Herausforderungen ist die CRR III-Novelle, die zum 01.01.2025 in Kraft getreten ist. Diese neuen Anforderungen stellen Banken vor die Herausforderung, nicht nur ihre internen Prozesse, sondern auch ihre strategischen Ausrichtungen neu zu bewerten. Ziel der Novelle ist es, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors zu stärken und Risiken effektiver zu steuern.
Was bringt die CRR III-Novelle?
Die CRR III-Novelle bringt weitreichende Änderungen mit sich, die insbesondere die Eigenkapitalanforderungen und die Risikogewichtung von Krediten betreffen. Für das Kreditrisikomanagement bedeutet dies, dass insbesondere die Gewichtung von Immobilienkrediten neu betrachtet werden muss. Sicherheiten wie Immobilien werden künftig restriktiver bewertet, was direkte Auswirkungen auf die Kapitalunterlegung und somit auf die Rentabilität bestimmter Kreditportfolios hat.
Ein weiterer Aspekt, der durch die CRR III beeinflusst wird, ist die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). Hier sollen neue Gewichtungsfaktoren die Finanzierung dieser zentralen Wirtschaftsakteure erleichtern. Gleichzeitig erfordert dies eine präzisere Datenerhebung und Dokumentation, um den neuen Standards gerecht zu werden.
Welche Bereiche sind im Wesentlichen durch die CRR III-Novelle betroffen?
1. Kapitalanforderungen für Kreditinstitute
Die Änderungen zielen darauf ab, die Kapitalanforderungen für Kreditinstitute zu präzisieren. Es wird ein Fokus auf die Transparenz und die Risikobewertung der zugrunde liegenden Vermögenswerte gelegt. Banken müssen die Risiken, die mit ihren Investitionen verbunden sind, genauer analysieren und bewerten, um sicherzustellen, dass die Kapitalunterlegung den tatsächlichen Risiken entspricht.
2. Depot A-Portfolio
Das Depot A-Portfolio der Banken wird ebenfalls von den neuen Regelungen beeinflusst. Die CRR III setzt strengere Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung dieser Eigenanlagen. Insbesondere wird die Risikogewichtung von Anlagen im Depot A nach den neuen Standards überarbeitet, um die Stabilität der Banken zu erhöhen und das Risiko von Marktschwankungen besser abzufedern.
3. Kreditrisiko
Neben den spezifischen Finanzierungen wie IPRE, Non-IPRE und ADC-Finanzierungen werden auch die allgemeinen Regeln zur Berechnung des Kreditrisikos überarbeitet. Dazu gehören neue Anforderungen an die Kreditrisikominderungstechniken (CRM) und strengere Vorgaben für die Verwendung interner Modelle zur Risikobewertung.
3.1 Immobilienfinanzierungen
Die CRR III unterscheidet zwischen verschiedenen Typen von Immobilienfinanzierungen, insbesondere zwischen Ertragsimmobilien (Income-Producing Real Estate, IPRE), nicht ertragsorientierte Immobilien (Non-IPRE) und ADC-Finanzierungen (Acquisition, Development and Construction). Jede Kategorie wird detailliert bewertet, um die spezifischen Risiken besser zu adressieren.
- IPRE (Income-Producing Real Estate): Dies bezieht sich auf Finanzierungen von Immobilien, die regelmäßige Einnahmen generieren, wie bspw. Bürogebäude, Einkaufszentren oder Mietwohnungen. Die CRR III setzt hier auf eine detailliertere Risikobewertung und spezifische Eigenkapitalanforderungen, um die Risiken, die aus solchen Investments resultieren, besser abzubilden.
- Non-IPRE: Diese Kategorie umfasst Immobilienfinanzierungen, die nicht primär auf die Generierung von Einnahmen abzielen, wie z. B. Entwicklungsprojekte oder spezielle Baufinanzierungen. Auch hier gibt es angepasste Regelungen, die eine genauere Risikobewertung und entsprechende Kapitalunterlegung vorschreiben.
- ADC-Finanzierung (Acquisition, Development and Construction): Diese Finanzierungen betreffen den Erwerb, die Entwicklung und den Bau von Immobilienprojekten. Aufgrund des höheren Risikos in der Entwicklungs- und Bauphase sind die Kapitalanforderungen für ADC-Finanzierungen strenger. Die CRR III führt spezifische Risikogewichtungen für solche Finanzierungen ein, um den besonderen Charakter dieser Kreditform zu berücksichtigen.
3.2 Realkredite
Kredite, die durch Immobilien besichert sind, stehen ebenfalls im Fokus. Die neuen Regelungen verschärfen die Anforderungen an die Besicherung und die Bewertung der zugrunde liegenden Immobilien. Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Kreditvergabe auf einer zuverlässigen Bewertung der Immobilienwerte basiert und die Kapitalunterlegung dem tatsächlichen Risiko entspricht.
3.3 Großkredite
Die Regelungen für Großkredite werden verschärft, um Konzentrationsrisiken besser zu steuern. Dies betrifft die Limits für Kredite an einzelne Schuldner oder Gruppen verbundener Kunden.
Führung in Zeiten des Wandels
Neben den fachlichen Anforderungen bringt meine Rolle als Führungskraft auch persönliche Herausforderungen mit sich. Die Marktfolge-Aktiv ist ein Bereich, der oft von festen Strukturen geprägt ist. Hier bedarf es Ausdauer und Mut, Veränderungen anzustoßen. Als Frau in einer Führungsposition habe ich gelernt, wie wichtig es ist, klar und konsequent zu handeln, gleichzeitig aber offen für neue Perspektiven zu bleiben.
Es ist mir ein Anliegen, in meinem Team eine Atmosphäre zu schaffen, in der jede Idee Gehör findet. Gerade bei der Umsetzung komplexer Vorgaben wie der Umsetzung der CRR III-Novelle sind kreative und pragmatische Lösungen gefragt.
Regulatorik ist für mich nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance, nachhaltige und innovative Veränderungen in der Bankenwelt anzustoßen.
Ich bin überzeugt, dass die Zukunft der Bankenwelt nicht allein von Regulierungen bestimmt wird, sondern von den Menschen, die sie umsetzen. Und genau das macht diese Arbeit für mich so erfüllend: die Verbindung von fachlicher Präzision und menschlichem Miteinander.
Als Führungskraft sehe ich es als meine Aufgabe, eine Unternehmenskultur zu fördern, die Vielfalt, Innovation und Wertschätzung in den Mittelpunkt stellt. Gerade in Zeiten des Wandels sind diese Faktoren entscheidend für nachhaltigen Erfolg.
Ich bin überzeugt, dass Frauen in Führungspositionen eine Schlüsselrolle spielen können – nicht nur als Gestalterinnen einer zukunftssichereren Finanzwelt, sondern auch als Vorbilder, die Wandel aktiv vorantreiben.
PRAXISTIPPS
- Frühzeitige Vorbereitung auf neue Regulierungen: Sobald eine regulatorische Änderung wie die CRR III-Novelle angekündigt wird, sollte die Umsetzung nicht aufgeschoben werden. Stattdessen lohnt es sich, frühzeitig mit der Analyse der neuen Anforderungen zu beginnen und konkrete Auswirkungen auf Prozesse, Systeme und Ressourcen zu prüfen. Ein interdisziplinäres Team kann helfen, die Komplexität zu reduzieren und Maßnahmen effizient zu planen.
- Klare Kommunikation und Zusammenarbeit fördern: Regulatorische Änderungen betreffen oft mehrere Abteilungen gleichzeitig. Deshalb ist es wichtig, eine offene Kommunikationskultur zu schaffen. Regelmäßige Meetings und klare Verantwortlichkeiten helfen dabei, Missverständnisse zu vermeiden und alle Beteiligten auf dem gleichen Stand zu halten.
- Weiterbildung als Schlüssel zum Erfolg: Die Anforderungen in der Bankenbranche ändern sich ständig. Deshalb ist es entscheidend, dass Mitarbeitende – egal ob im Risikomanagement, Gutachterwesen oder der IT – regelmäßig geschult werden. Investitionen in Weiterbildung zahlen sich aus, da gut informierte Teams schneller und präziser auf neue Vorgaben reagieren können.
Beitragsnummer: 22858