Dr. Norbert Baumstark, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Grundsatzabteilung, Genoverband e.V.
Die Aufsicht hat im Protokoll der Sitzung des Fachgremiums MaRisk (FG MaRisk) am 17. Juni 2024 die Position der Aufsicht zu den seitens der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) vorab eingereichten Auslegungsfragen veröffentlicht.
Kreditgeschäft BTO 1
Sehr umfangreich sind die Antworten zu BTO 1 Kreditgeschäft: Ein negatives Ergebnis in Sensitivitätsanalysen zwingt nicht zur Kreditablehnung, anders bei einem negativen Ergebnis der Kapitaldienstfähigkeit unter Normalbedingungen. Die EBA-Leitlinien für Kreditvergabe und -überwachungen sehen die Möglichkeit der vertraglichen Ausnahme vor. Im Verbraucherbereich gelten jedoch vorrangig § 18a KWG sowie §§ 505a ff. BGB. Die Unabhängigkeit des Sachverständigen für Geschäftspläne bezieht sich nur auf die Unabhängigkeit vom Kreditnehmer, nicht auf die Unabhängigkeit vom Kreditprozess. Das „consolidated“ bei gehebelten Transaktionen wurde dahingehend konkretisiert, dass es zum einen die Kreditgeber (etwa Mutter- und Tochterunternehmen) sowie mehrere Kredite zusammenfasst, sofern es dasselbe Projekt finanziert bzw. denselben Finanzierungszweck hat. Die Größenklassen (Kleinstunternehmen, kleine, mittlere und große Unternehmen) müssen zumindest im risikorelevanten Geschäft die Vorgaben der Kommissions-Empfehlung aus 2003 einhalten.
Im Bereich der ökologischen Kreditvergabe teilt die Aufsicht die Auslegung, dass klimabezogene bzw. ökologische oder anderweitig nachhaltige Geschäftsziele der Kreditnehmer als diejenigen Geschäftsziele zu verstehen sind, welche direkt mit der finanzierten Tätigkeit verbunden sind.
Im Bereich der Bewertung beweglicher Sicherheiten wurden Vereinfachungen anerkannt, etwa Abschlagsverfahren, sowohl bei der Vergabe als auch in der Kreditweiterbearbeitung. Die Unabhängigkeit des Bewerters von Vergabe und Kreditbearbeitung wurde hingegen in der strengen Auslegung der MaRisk belassen. Die Begründung der Aufsicht überzeugt nicht, sie vermischt die Textziffern 231 und 234 der Leitlinien für Vergabe und -überwachung. Dennoch ist sie aufgrund der Verschriftlichung in den MaRisk einzuhalten.
Immobiliengeschäfte BTO 3
Zum Immobiliengeschäft (BTO 3) wurde das gemeinschaftliche Beherrschen beispielhaft erläutert. Im Ergebnis kann man sich an § 310 HGB orientieren, es genügt aber das gemeinsame Führen-Können. Immobilien, welche dem Geschäftsbetrieb der Tochterunternehmung dienen, z. B. Verwaltungsgebäude für Personal und Rechnungswesen, sind keine Renditeimmobilien. Das gilt auch für konzernintern vermiete Verwaltungsgebäude. Primär entscheidend ist die Nutzung. Bei gemischt genutzten Immobilien entscheidet, ob mehr als 50 % der Fläche der Renditenutzung dienen. Bei quotaler Beteiligung an einer Immobilientochtergesellschaft seien die Immobilien vollständig zuzurechnen und nicht nur anteilig. Diese Antwort ist fachlich nicht akkurat, da auch das Immobilienrisiko nur anteilig besteht. Die Aufsicht hat daher in ihrer Antwort für adäquate Lösungen in Grenzfällen die Tür einen Spalt offengelassen. Eine weitere Antwort betrifft den Fall, dass ein Geschäftsführer der Immobilientochter mit Vertriebsfunktion in der Marktfolge des Instituts arbeiten will. Dies wäre ein Verstoß gegen die Trennung der Marktfolge von Vertriebstätigkeiten und ist daher nicht möglich.
PRAXISTIPPS
- Das Protokoll enthält wichtige Auslegungsentscheidungen durch die deutsche Aufsicht.
- Auch weiterhin sollten die öffentlich zugänglichen Protokolle des Fachgremiums MaRisk in der Bank bekannt sein.
- Bestimmte Fragestellen bleiben offen. Solange sie nicht offiziell durch die Aufsicht beantwortet werden, muss die Bank selbst sinnvolle Lösungen finden und diese gut sowie nachprüfbar begründen und herleiten.
Beitragsnummer: 22899