Mittwoch, 5. März 2025

Herausforderungen für Beauftragte im Bankenalltag

Einblick in die alltäglichen Anforderungen durch Aufsicht und Job am Beispiel von Greenwashing


Sabine Steffen, Compliance-Beauftragte mit div. Funktionen in der Sparkasse zu Lübeck AG

 

Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die persönlichen Skills von Beauftragten

Wer in der heutigen Zeit eine Beauftragung innehat, trägt nicht nur eine große Verantwortung für sein Unternehmen, sondern muss sich tagtäglich den unterschiedlichsten Herausforderungen stellen. Zum einen sind es die aufsichtsrechtlichen Vorgaben, die längst nicht mehr nur in einem Gesetz verankert sind. Oftmals werden sie mittels Auslegungs- und Anwendungsrundschreiben der nationalen und/oder europäischen Aufsicht, mit Allgemeinverfügungen, mit FAQs oder Interpretationshilfen konkretisiert. Gerade diese Vorgaben sind meist ohne große Umsetzungszeiträume versehen und werden somit unmittelbar schlagend. Somit ist nicht nur die zeitliche Komponente immer wieder herausfordernd, sondern auch, nicht den Blick auf die ganze Vielzahl der komplexen aufsichtsrechtlichen Vorgaben aus den Augen zu verlieren. Denn meist ist es nicht nur eine Vorgabe oder ein einzelnes Gesetz, das bei der Einführung von Prozessen, Dienstleistungen oder neuen Produkten oder der Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu beachten ist, sondern eine Vielzahl von Vorschriften gilt es zu beachten.

 

Ableitung am Beispiel des Themas Greenwashing

Nehmen wir als Beispiel das Thema Greenwashing. Zu den Basiswerken für aufsichtsrechtliche Vorgaben bei dem Thema gehören neben der Taxonomieverordnung[1] und der Offenlegungsverordnung,[2] auch die Corporate Social Responsibility-Richtlinien (CSR-Richtlinien), BGH-Urteile (z. B. zur Bedeutung von „klimaneutral“) oder ESMA-Leitlinien (u. a. für Fondsnamen), die gesamtheitlich zu beachten sind. Denn alle zusammen haben das Ziel, dass Investitionen in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten geleitet werden sollen, um die Pariser Klimaziele und die der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung gerecht zu werden. 

Zudem treibt die nationale Aufsicht BaFin als elementaren Baustein ihrer Ziele, nämlich die Stärkung des kollektiven Verbraucherschutzes, den sie sich selbst zum mittelfristigen Ziel gesetzt hat, massiv an. Hierzu veröffentlichte sie nicht nur ihre Nachhaltigkeitsstrategie oder gibt regelmäßig Informationen für Verbraucher und Finanzdienstleister heraus, sondern setzt auf ihre Überwachungsinstrumente wie Vor-Ort-Prüfungen in den Häusern oder auch Markt- und Verbraucherumfragen. Gerade diese Instrumente werden verstärkt eingesetzt und kosten in den Häusern nicht nur Zeit zum Rede- & Antwortstehen, sondern zwingt die Häuser selbst immer wieder, kritisch ihre Prozesse und Produkte zu hinterfragen. Nur wer aufsichtsrechtlich auf dem Laufenden bleibt, kann in seinem Haus präventiv arbeiten und das Risiko so auch von Greenwashing minimieren.

 

Persönliche Skills der Beauftragten

Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, müssen insbesondere die jeweiligen Beauftragten besondere Fähigkeiten mitbringen. Neben dem fachlichen Know-how, d. h. dem komplexen Fachwissen zum Tätigkeitsfeld, sind insbesondere die persönlichen Eigenschaften wichtig, um den Arbeitsalltag nachhaltig erfolgreich zu meistern. Aber auch, um die Compliance-Kultur zu fördern. Hinzu kommt, eine hohe Belastung gut aushalten zu können. Zuallererst gilt es, bei neuen Vorgaben den Risikogehalt abzuwägen, um daraus eigene Maßnahmen zur Umsetzung oder das Monitoren bzw. das Ableiten von möglichen Überwachungshandlungen zu definieren. Hierzu ist es wichtig, stets gut strukturiert vorzugehen und analytisch zu denken. Checklisten können dabei ein hilfreiches Medium sein. Zudem können sie gleichzeitig als Dokumentationsunterlage dienen. Dabei gilt es, gleichzeitig sich auch nicht in Details zu verlieren, denn grundsätzlich gilt, die finale Verantwortung für die Umsetzung von aufsichtsrechtlichen Vorgaben – egal welcher Natur – liegt immer in den Fachbereichen. Auf der anderen Seite aber darf auch nichts vergessen oder übersehen werden. Der Beauftragte sollte für sich eine Art Erwartungshaltung schaffen. D. h., er definiert für sein eigenes Tätigkeitsfeld, was von den Fachbereichen in Bezug auf Umsetzung und den Aufgaben in der späteren Linientätigkeit von ihnen erwartet werden darf. Er stellt aber nicht die Lösungen vor. Es gilt also, die eigene Rolle genau zu kennen, aber auch loslassen zu können, gerade bei Themen, die u. U. ein hohes Compliance-Risiko beinhalten. Ziel muss es sein, die Verantwortung an die richtigen Stellen abzugeben und dennoch den Blick auf alles zu haben.

Ergänzend wird von den Mitarbeitenden in den einzelnen Funktionen eine enorme Flexibilität gefordert. Auf der einen Seite gilt es sicherzustellen, dass die aufsichtsrechtlichen Vorgaben richtig adressiert, umgesetzt und mit Kontrollen versehen werden und gleichzeitig müssen sie in die Beraterrolle schlüpfen, um die Fachbereiche bei der Umsetzung zu unterstützen. Diesen Spagat gilt es immer wieder elegant zu meistern und Interessenkonflikte auszuschließen.

 

Erwartungshaltung der Aufsicht

Die nationale Aufsicht selbst erwartet von den Beauftragten, dass sie zudem auch der englischen Sprache mächtig sind. Somit wird gerechtfertigt, dass EU-Vorgaben gleich wirken können und nicht erst eine Übersetzung oder Überführung in die nationale Gesetzgebung oder andere Rahmenwerke (z. B. MaRisk) abgewartet werden müssen. Gerade bei Verordnungen ist dies ein bekanntes Thema, da sie stets sofort anzuwenden sind. Anders als EU-Richtlinien, die den nationalen Aufsichtsbehörden Zeit verschafft, die Vorgaben an nationale Begebenheiten anzupassen.

Aber auch die erforderlichen persönlichen Skills werden immer öfter in den jeweiligen Gesetzgebungen verankert. Federführend ist hier das Wertpapier-Aufsichtsrecht unterwegs mit seiner MitarbeiterAnzeigenVerordung (MaAnzVo). Neben der fachlichen Kompetenz wird explizit auch die sachlich, insbesondere Praxiserfahrung, gefordert.

 

Die Herausforderung, den Job perfekt zu meistern

Die Herausforderung liegt also nicht nur an der zu erwerbenden Kompetenz in Hinblick auf Fach- und Sachkunde, sondern auch in dem, wie Beauftragte gefordert werden und was sie aushalten können. Gerade Interessenkonflikte, z. B. der Vertrieb will ein sehr gewinnbringendes Produkt einführen und interessiert sich nicht sonderlich für aufsichtsrechtliche Vorgaben, oder er kennt einfach nicht alle relevanten Konkretisierungen, erfordern stets ein entsprechend kompetentes Vorgehen durch die Beauftragten. Hier gilt es, auf Augenhöhe zu kommunizieren und rein auf die sachlichen Basiskomponenten abzustellen. Entscheidungen dürfen nicht durch Interpretationen getroffen werden, sondern müssen fachlich fundiert sein. Als Herleitung gelten die jeweiligen aufsichtsrechtlichen Vorgaben, denn sie sind es schlussendlich, die vorgeben, ob ein Produkt schwarz oder weiß ist. Heißt, darf es eingeführt werden oder muss es nur an bestimmte Vorgaben angepasst werden, die es einzuhalten gilt. Unter Bezug auf das Thema Greenwashing gilt es hier u. a., auf einen redlichen Produktnamen zu achten und darauf, dass das Produkt auch das beinhaltet, was die aufsichtsrechtlichen Vorgaben von einem „grünen“ Produkt fordern. Denn am Ende von Verstößen steht neben einem u. U. hohen Reputationsschaden auch immer ein mögliches Bußgeld und dies gilt es, als guter Beauftragter für sein Haus zu verhindern.


PRAXISTIPPS

  • Sich immer treu bleiben – Individualität schafft Selbstvertrauen
  • Fachliche Kompetenz gezielt einsetzten und als Gesprächsebene nutzen
  • Persönliche Stärke ist, stets auf der sachlichen Ebene zu bleiben, zu diskutieren und zu handeln

 



[1] Legt ein einheitliches System von Kriterien fest, anhand dessen sich bestimmen lässt, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist.

[2] Ziel der EU-OffenlegungsVO ist es, Kapitalflüsse in nachhaltige Anlagen bzw. Wirtschaftstätigkeiten zu lenken. Die Verordnung soll dafür vor allem Transparenz für Investorinnen und Investoren in Sachen Nachhaltigkeit herstellen.


Beitragsnummer: 22931

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