Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner
Der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit in Widerrufsfällen Feststellungsanträge, die darauf gerichtet sind, dass Bestehen eines Rückabwicklungsschuldverhältnisses feststellen zu lassen, ebenso für unzulässig erachtet wie Anträge auf Feststellung, dass aus der Rückabwicklung eines Darlehens nur noch ein gewisser, durch den Darlehensnehmer errechneter Betrag geschuldet ist (BGH, Urt. v. 21.02.2017, Az. XI ZR 467/15; BGH, Urt. v. 16.05.2017, Az. XI ZR 586/15).
Dagegen hält der Bundesgerichtshof einen Antrag auf Feststellung, dass der Darlehensnehmer nach Widerruf keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr schuldet, bei noch laufenden Darlehen für zulässig (BGH, Urt. vom 16.05.2016, a. a. O.).
SEMINARTIPPS
19. Heidelberger Bankrechts-Tage,21.–22.10.2019, Heidelberg.
Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.
In seinem Urt. v. 02.04.2019, Az. XI ZR 583/17, hat der Bundesgerichtshof nunmehr nochmals zur Frage der Auslegungsfähigkeit durch den Darlehensnehmer gestellter Feststellunganträge Stellung genommen. Dabei hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass es sich bei Anträgen, die auf das Rückgewährschuldverhältnis gerichtet sind, auf der einen und Anträgen, die auf das Negieren der Leistungspflicht nach Widerruf gerichtet sind, auf der anderen Seite um zwei unterschiedliche Streitgegenstände handelt. Will der Darlehensnehmer von einem auf das Rückgewährschuldverhältnis gerichteten Antrag übergehen zu einem Antrag, der den Zeitraum nach Widerruf betrifft, so bedarf dies der Erklärung einer entsprechenden Klageänderung. Dass dies gewollt ist, muss aus den Erklärungen des Darlehensnehmers eindeutig hervorgehen.
Im zu entscheidenden Fall ist der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass das Berufungsgericht zu Unrecht durch den Darlehensnehmer gestellte Anträge dahingehend umgedeutet hat, dass es diesem auf die Negierung seiner Leistungspflichten nach Widerruf ankomme. Dies war aus den Anträgen des Darlehensnehmers, die sich ausschließlich auf Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis richteten, nicht erkennbar.

In der Sache hat der Bundesgerichtshof zudem das klageabweisende Urteil des Landgerichts, welches das Oberlandesgericht zwischenzeitlich aufgehoben hatte, bestätigt. Eine gleichlautende Widerrufsbelehrung war bereits Gegenstand mehrerer Entscheidungen des XI. Zivilsenats (u. a. BGH, Urt. v. 27.02.2018, Az. XI ZR 160/17). Dort hat der Senat festgehalten, dass eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. genügt, wenn der Fristbeginn von der Absendung des durch den Verbraucher unterzeichneten Darlehensantrags abhängig gemacht wird, da der Fristbeginn nicht vom Zugang der Erklärung abhängt. Der Senat hat zudem nochmals klargestellt, dass es nicht notwendig ist, dass der Verbraucher das bei ihm verbleibende Exemplar des Darlehensvertrags selbst unterzeichnet.
PRAXISTIPP
Die nochmalige Klarstellung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich der Auslegungsfähigkeit von Feststellungsanträgen bei Widerrufsfällen ist begrüßenswert. Allzu häufig tendieren Gerichte dazu, von Verbraucheranwälten gestellte Feststellungsanträge äußerst großzügig in zulässige Antragsformulierungen umzudeuten.
Wie der Bundesgerichtshof nunmehr jedoch klargestellt hat, ist der Auslegung von Klageanträgen eine klare Grenze gesetzt, insbesondere soweit es die Umdeutung in einen Feststellungsantrag anbelangt, der einen anderen Streitgegenstand betrifft. Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht einen auf Forderungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis gerichteten Feststellungsantrag dahingehend umdeuten möchte, dass der Darlehensnehmer festgestellt haben will, nach dem Widerruf zur weiteren vertraglichen Leistung nicht verpflichtet zu sein. Eine solche Auslegung ist nur dann möglich, wenn in den Erklärungen des Darlehensnehmers eindeutig zum Ausdruck kommt, dass seine Antragstellung sich auf Leistungspflichten nach dem Widerruf richten soll.
Hinsichtlich der Wirksamkeit der erteilten Widerrufsbelehrung enthält die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nichts Neues. Insbesondere greift das Argument, der Verbraucher habe kein Vertragsexemplar erhalten, da er das in seinen Unterlagen verbliebene Exemplar desselben nicht unterschrieben hat, nicht durch.
Beitragsnummer: 2440