Freitag, 5. Juli 2019

Hilfe, mein Kunde twittert!

Bedeutung von Social Media in der Kommunikation mit dem Bankkunden

Susanne Bauer, Senior Referentin Unternehmenskommunikation, Bank für Sozialwirtschaft

Durch den rasanten Aufstieg von Social Media in den letzten zehn Jahren haben sich die Medienlandschaft, das Kommunikationsverhalten und damit auch die Kundenansprache enorm verändert. Facebook, Twitter, YouTube, Instagram und viele weitere Plattformen haben längst eine höhere Reichweite als die meisten anderen Medien. Zugleich sind sie interaktiv, ermöglichen und erwarten schnelle Reaktionen. War es früher üblich, Pressemitteilungen herauszugeben und gute Kontakte zu den relevanten Redakteuren zu pflegen, die als „Gatekeeper“ die Inhalte in der Presse kontrollierten, so ist es heute viel einfacher, die eigenen Themen in den Medien zu platzieren – über Unternehmensprofile und Posts in den sozialen Medien. Auch die Kunden sind es längst gewöhnt, ihre Anliegen online zu erledigen und im Netz sofort Lösungen für Fragen und Probleme zu finden. So sind Social-Media-Kanäle auch im konservativ geprägten Milieu der Banken bei der Kundenansprache längst nicht mehr wegzudenken.

Parallel zum Aufstieg der sozialen Medien ist der Strom an Informationen im Netz jedoch zu einer unübersichtlichen Flut geworden, in der unzählige Akteure um das höchste Gut der Menschen buhlen – ihre Aufmerksamkeit. Längst schon sind die Köpfe voll – mit 10.000 Werbebotschaften am Tag. Für die Kommunikation der Bank lautet daher die zentrale Frage: Auf welchen Plattformen und mit welchen Inhalten erlangt man die Aufmerksamkeit der Kunden?

Learning by doing, aber bitte mit Plan

Auch für eine Bank mit eher abstrakten Finanzprodukten bieten die sozialen Medien hervorragende Möglichkeiten, sich beim Kunden mit interessanten Themen zu profilieren und mit gutem Kundenservice zu punkten. Um in der Masse nicht unterzugehen, braucht es eine klare Strategie, die Ziele, Zielgruppen, mögliche Themen und passende Inhalte für die Kundenansprache definiert. Die Bank für Sozialwirtschaft als Fachbank für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft mit ausschließlich institutionellen Kunden und keinen Privatkunden stand hier vor einer besonderen Herausforderung: Wo und wie erreichen wir unsere Kunden, wenn in den sozialen Medien vor allem Einzelpersonen oft privat unterwegs sind? Im Rahmen eines abteilungsübergreifenden Projekts wurde ein umfassendes Konzept für die Social-Media-Kommunikation der Bank entwickelt.

SEMINARTIPPS

12. Hamburger Bankenaufsicht-Tage 2019, 04.–05.11.2019, Hamburg.

Prüfung Neue-Produkte-Prozess (NPP) & Produktkatalog, 03.12.2019, Frankfurt/M.


Gängige Ziele für die Bankenkommunikation über Social Media sind Kundenbindung und die Anbahnung der Neukundengewinnung, Imagepflege und Markenkommunikation sowie Employer Branding, um die Bank als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. Bei der Auswahl der Zielgruppen lohnt es sich, nicht nur Bestandskunden und Potenzialkunden in den Blick zu nehmen, sondern auch Multiplikatoren und Influencer, über die sich der virale Effekt der sozialen Medien am besten entfalten kann.

Dann sind die geeigneten Kanäle und Plattformen auszuwählen, auf denen die Zielgruppe zu erreichen ist und der geplante Themenfokus inhaltlich passt. Hieß es vor ein paar Jahren noch „Wir müssen unbedingt auf Facebook!“, so hat sich dies inzwischen stärker ausdifferenziert. Facebook hat in letzter Zeit stark an Attraktivität verloren. Zudem ist die Zielgruppe einer Fachbank ohne Privatkunden, wie es die Bank für Sozialwirtschaft ist, hier kaum zu identifizieren. Zum fachlichen Austausch und zur Kontaktpflege mit Multiplikatoren eignet sich zum Beispiel Twitter, wo kurze und schnelle Nachrichten durch Retweets von einflussreichen Medien, Bloggern oder anderen Influencern (Verbände, Netzwerke, wichtige Einzelpersonen usw.) zu hohen Reichweiten führen können.

Für Personalthemen und die Profilierung als Arbeitgeber sind XING und LinkedIn der „place to be“. Voraussetzung ist, das Unternehmensprofil ist aktuell, es werden interessante Neuigkeiten veröffentlicht und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pflegen ihre Profile professionell, denn es sind „virtuelle Visitenkarten“ der Bank. Will man in Gruppen und Foren mitdiskutieren, so sollten Fachleute aus der Bank hinzugewonnen werden – und ihnen die nötige Zeit eingeräumt werden, denn die Mitarbeit in Gruppen ist arbeitsintensiv. YouTube ist perfekt sowohl für die emotionale Darstellung von Inhalten als auch zur Erklärung von komplexen Sachverhalten. Ein eigener YouTube-Kanal erfordert jedoch eine kritische Masse an Videos, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Für ein ansprechendes Profil auf Instagram sollte ein stetiger Strom an hervorragenden, professionellen Bildern sichergestellt sein – was bei Banken mitunter schwierig oder zumindest kostenintensiv ist.

Es empfiehlt sich, die gängigsten Social-Media-Kanäle genau zu beobachten, um herauszufinden, was dort in welchem Stil und wie erfolgreich gepostet wird – z. B. durch ein systematisches Monitoring nach bestimmten Schlagwörtern. Auf dieser Grundlage kann man entscheiden, wo die Bank in welcher Form Präsenz zeigt. Der Rest ist „Learning bei Doing“: Was gut ankommt, lernt man nach und nach durch ausprobieren – und die Lernkurve ist steil.

Eine detaillierte Ressourcenplanung sorgt von Anfang an für die nötige Ernsthaftigkeit. Denn ein gepflegtes Social-Media-Profil mit hochwertigen, auf das Kundeninteresse zugeschnittenen Inhalten ist viel Arbeit, erfordert einschlägiges Know-how und lässt sich keineswegs „nebenbei“ bewerkstelligen. Nichts ist schlimmer als ein voreiliger Auftritt in den sozialen Medien, der enthusiastisch beginnt und dem schnell die Luft ausgeht. Ein Profil will dauerhaft bespielt werden.

Wie erreiche ich den Kunden?

Kern jeglicher Social-Media-Aktivitäten sind die Inhalte. „Content is King“, das vielzitierte geflügelte Wort aus dem Online-Marketing, gilt immer noch und gewinnt umso mehr an Bedeutung, je größer die Informationsflut im Netz wird. Einfach präsent zu sein reicht nicht. Die Inhalte müssen relevant sein. Also reden Sie nicht über sich, über Ihre neuen Angebote und Produkte, sondern über das, was Ihre Kunden interessiert. Bieten Sie Lösungen für die Anliegen, die Ihre Kunden haben und die sie online suchen. Zwei Beispiele aus der Bank für Sozialwirtschaft: Haben Sie viele Kunden mit Spendenkonten, dann geben Sie ihnen Fundraisingtipps. Finanzieren Sie häufig Immobilien, dann schreiben Sie z. B. über energetische Sanierung und geeignete Förderprogramme. Im stark reglementierten Markt der Sozial- und Gesundheitswirtschaft mit Sozialimmobilien wie Pflegeheimen, Krankenhäusern, Rehakliniken oder Kindergärten sind rechtliche Rahmenbedingungen und politische Entwicklungen dankbare Themen vor allem für Twitter. Bedenken Sie immer: Social-Media-Kommunikation entspricht dem persönlichen Kontakt in der Welt des Internets und verlängert die Nähe zum Kunden über die Geschäftsstelle und den Kundenbetreuer hinaus.

Bei Social Media steht der Dialog im Mittelpunkt, weil es per se Kommunikationskanäle sind. Halten Sie dies explizit in der Social-Media-Strategie Ihrer Bank fest, um diese zentrale Zielrichtung nicht aus den Augen zu verlieren. Für die Bank für Sozialwirtschaft haben wir dies so formuliert: „Wir kommunizieren in Social Media, weil wir den Austausch mit unseren Kunden, Geschäftspartnern und anderen Akteuren aus unserem Geschäftsumfeld über Finanzfragen suchen. Wir möchten, dass unsere Zielgruppe in den sozialen Medien positiv über unsere Bank redet und damit zu einem guten Image, einer hohen Reputation und einem höheren Bekanntheitsgrad unserer Bank in der Fachöffentlichkeit und bei potenziellen Mitarbeitern beiträgt.“

Auch Vertrauen, Grundlage einer jeden Bankbeziehung, kann durch authentische Kommunikation in Social Media aufgebaut und verstärkt werden. Kundennahe Themen wie finanzierte Projekte und Best-Practice-Beispiele oder positive Meinungen von Nutzern stärken das Vertrauen und die Kundenbindung. Die in den sozialen Medien übliche weniger förmliche Kommunikation lässt die Bank zudem sympathischer und persönlicher wirken. Es geht um Transparenz und darum, dem Unternehmen ein Gesicht zu geben. Dies setzt eine offene Unternehmenskultur mit weitreichenden Kompetenzen für das Social-Media-Team voraus – sonst wird ein schneller und echter Dialog mit den Nutzern schwierig.

Gut gewappnet gegen Trolle, Shitstorms & Co.

Die Dialogorientierung in Social Media bringt nicht selten auch kritische Kommentare mit sich. Durch eine Präsenz in den sozialen Medien lässt sich die Kritik eher auf die eigenen Seiten lenken und dort bündeln, wo man sie besser im Blick hat. Trotzdem ist die Kontrolle der Bank über Äußerungen im Netz sehr begrenzt. Um Reputationsschäden zu vermeiden, sollte auf Kritik offen, konstruktiv und zeitnah reagiert werden. Mögliche Krisensituationen sind idealerweise vorab durchdacht und Zuständigkeits- und Sprachregelungen für verschiedene Szenarien festgelegt. Auch eine Schulung zu rechtlichen Aspekten der Social-Media-Nutzung sollten Sie nicht vergessen – Stichwörter sind Bildrechte, Persönlichkeitsrechte, Urheberrechte etc.

Fazit

Den Kunden nützliche Inhalte, relevante Informationen und hilfreiche Serviceleistungen über Social Media anzubieten, ist insgesamt betrachtet ein wichtiger Baustein der Kommunikation mit dem Bankkunden. Die aktive Präsenz in sozialen Medien ermöglicht es, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und das Image der Bank positiv zu beeinflussen. Zufriedene Äußerungen und Weiterempfehlungen sind im Internet – für den Großteil der Kunden heute die erste Anlaufstelle für Geldgeschäfte – die Währung mit dem höchsten Wert. Sie werden als unabhängige neutrale Stimme wahrgenommen und können beträchtlich auf den Erfolg des Unternehmens einzahlen.

PRAXISTIPPS

  • Verschiedene Social-Media-Plattformen in Hinblick auf die eigenen Vorhaben beobachten.
  • Die relevanten Kanäle auswählen, die dauerhaft bespielt werden sollen.
  • Zielsetzung, Zielgruppen und Themenspektrum der Social-Media-Aktivitäten festlegen.
  • Ressourcen realistisch planen.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen, Zuständigkeiten und Reaktionszeiten regeln.
  • Viel zuhören und ausprobieren, welche Themen gut ankommen!


Beitragsnummer: 3243

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