Freitag, 18. Oktober 2019

Immobilienerwerb und Inflationsschutz

Ein Werbeargument mit oder ohne Substanz?

Dr. Jörg Lauer, Rechtsanwalt, langjährige Geschäftsverantwortung im Immobilienfinanzierungsgeschäft im Landesbankenbereich, Hemsbach.

I. Einleitung

Gewerbliche und private Anleger investieren im zehnten Jahr des Aufschwungs in der Immobilienbranche unvermindert in „Betongold“. Die anhaltenden Preissteigerungen bei allen Objekt-Nutzungsarten werden durch die unverändert hohe Nachfrage, das nahezu unbegrenzt vorhandene Anlagekapital und nicht zuletzt durch die anhaltende Niedrigzinsphase geradezu befeuert. Ein Argument dabei ist, dass Sachwerte vor Inflation schützen sollen. Aus Renditegründen greifen Anleger zudem vermehrt auf Immobilienklassen zu, welche höhere Risiken beinhalten.

II. Anlageverhalten der Investoren

In Privathaushalten vorhandene oder verfügbare Liquidität fließt generell entweder in den Konsum oder in Anlagen. Bei Unsicherheiten über künftige wirtschaftliche Entwicklungen wird die Anlage bevorzugt. Hinzu kommt in Deutschland die latente Furcht vor Inflation – dies nicht zuletzt aufgrund der Währungsreformen in der Vergangenheit[1]. Das Vertrauen in die Euro-Währung leidet zudem seit den Geschehnissen in Griechenland und aktuell unter den Unsicherheiten, die von Italien ausgehen[2]. Im Vergleich verschiedener Anlageklassen und ihrer Renditeaufschläge gegenüber „sicheren Anlagen“, z. B. Sparguthaben oder Bundesanleihen, wird den Kapitalanlegern die Immobilie vielfach als die höher rentierliche Anlageform angeboten; Eigennutzer folgen dem Sachwert-Argument.

In Unternehmen verfügbare Liquidität kann produktiven Zwecken oder ebenfalls den externen Anlagen zugeführt werden. Sind nach Investitionen für unternehmerische Zwecke noch liquide Mittel vorhanden, werden diese infolge unsicherer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen nicht für eine weitere Expansion eingesetzt, sondern ebenfalls in externe Anlagen investiert. Ferner können Unternehmen der Versicherungswirtschaft ihre Vertragspflichten gegenüber den Versicherungsnehmern über die Anlage in Anleihen und Pfandbriefen nicht mehr unterlegen; die Immobilienquote der Assekuranz hat sich daher auf mehr als zehn Prozent aller Anlagen gesteigert[3] – eine zusätzliche Nachfrage mit preissteigernder Wirkung.

Infolge der Globalisierung fließt internationales Kapital in die deutschen Immobilienmärkte. Diese gelten bei internationalen Anlegern aufgrund der wirtschaftlichen Situation und im Vergleich zu den Preisen in anderen etablierten Märkten (immer noch) als attraktiv. Erworbener Wohnraum ist aber vielfach nicht für Nutzer verfügbar, da Kapital lediglich „geparkt“ wird.

III. Inflation und Immobilienwerte

1. Was ist Inflation?

Unter „Inflation“, abgeleitet vom lateinischen Wort inflare = aufblasen, werden „übermäßige monetäre Ausweitungsprozesse verstanden, die zu einer Situation führen, in der die gesamte kaufkräftige Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft größer ist als das gesamte Angebot” – mit den Folgen steigender Preise. Verstärkte Investitionen in Sachwerte führen bei diesen zu einem weiteren Preisauftrieb. Sachwertbesitzer wollen sich gegen Kaufkraftverluste über den Erhalt oder die Verbesserung ihrer Vermögenswerte schützen. Gläubiger von Geldforderungen, z. B. Sparer, werden hingegen benachteiligt[4]. Für Kreditnehmer wirkt eine Inflation entlastend. [...]
Beitragsnummer: 3434

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