Donnerstag, 15. November 2018

Immobilienrisiken in den Risikocontrolling-Prozessen

Thomas Tränkner, Koordinator Aufsichtsrecht und Risikomanagement, Abteilung Steuerung, Ostdeutscher Sparkassenverband

Mit Einführung der institutsspezifischen Kapitalfestsetzung auf Basis der SREP-Leitlinien (Supervisory Review and Evaluation Process – EBA/GL/2014/13) im Jahr 2016 findet die qualitative Ausgestaltung des Risikomanagementsystems der Banken eine neue Berücksichtigung. Spiegelten sich Prozessmängel oder fehlende Verfahren früher vereinzelt in prozessbedingten individuellen Kapitalaufschlägen, meist nach

§ 44er-Prüfungen, wider, so werden im Rahmen der SREP-Kapitalfestsetzung qualitative Komponenten, die Risikoprofilnoten, einbezogen. Die Deutsche Bundesbank beschreibt in ihrem Monatsbericht vom Oktober 2017 die Methodik des SREP und hebt hervor, dass die Prozesse zur Steuerung der Risikotragfähigkeit eine Rolle für die Vergabe der qualitativen Risikoprofilnoten spielen. Infolgedessen bekommt die Qualität der Risikocontrolling-Prozesse einen neuen Stellenwert. Dies betrifft auch alle Prozesse rund um die Immobilienrisiken der Kreditinstitute.

Die anhaltende Niedrigzinsphase hinterlässt mehr und mehr ihre Spuren in den Gewinn- und Verlustrechnungen. So zeigte die im Jahr 2017 durchgeführte Umfrage zur „Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute im Niedrigzinsumfeld“ (NZU) durch die Deutsche Bundesbank, dass die Erträge in den nächsten Jahren noch weiter zurückgehen werden. Noch immer gilt der Zins als Hauptertragsquelle für die deutschen Kreditinstitute. Doch die Anpassungen der klassischen Geschäftsmodelle auf die neue Situation schreiten voran. Die Assetklasse Immobilien nimmt durch kontinuierlichen Ausbau in den letzten Jahren in diesem Zusammenhang eine immer größere Rolle ein.

Die wohl entscheidendste Weichenstellung für die Beschäftigung mit den daraus resultierenden Immobilienrisiken stellt die Risikoinventur dar, denn die darin stattfindende Einteilung bezüglich der Wesentlichkeit der Risiken bestimmt den Umfang der danach folgenden Aufwände und Prozesse. An die Entscheidung zur Wesentlichkeit geknüpft ist die Berücksichtigung in den verschiedenen Risikocontrolling-Prozessen zur Strategie, Risikomessung, Risikotragfähigkeit, Stresstests, Risikokonzentrationen, Berichtswesen, Meldewesen sowie zu den Frühwarnprozessen. Hier geben die MaRisk klare Punkte vor. Einen ausführlichen Beitrag zu Immobilienrisiken im Kontext von SREP und Risikotragfähigkeit finden Sie in BankPraktiker Ausgabe 02/2018.

Zur Beurteilung der Wesentlichkeit für Immobilienrisiken sollten alle relevanten Positionen und Geschäfte mit Verbindungen zu Immobilienrisiken berücksichtigt werden. Darunter fallen u. a. Direktinvestments in Immobilien, Immobilienfonds, Beteiligungen mit Immobilien oder Immobilienkredite mit deren grundpfandrechtlichen Sicherheiten.

 SEMINARTIPPS

Bauträger Spezial: Erfolgreiche Bauträgerfinanzierungen unter erschwerten Rechts- und Marktbedingungen, 28.02.2018, Frankfurt/M.

Prüffelder Immobilienkredite: Frühwarnverfahren • Sicherheiten(bewertungs)prozess • Portfolioanalyse, 07.03.2018, Frankfurt/M.

Prozessprüfungen im Kreditgeschäft, 18.04.2018, Frankfurt/M.

Prüfung WKR & BauFi-Kredite, 18.04.2018, Frankfurt/M.

BauFi-Spezial: Aktuelle Praxisfragen WKR, 19.04.2018, Frankfurt/M.

Um eine Abschätzung für die Verkraftbarkeit von Rückschlagspotentialen bzgl. der preislichen Entwicklung am Immobilienmarkt zu bekommen, bietet sich die Entwicklung eines inversen Sensitivitätsstresstests an. In diesem könnte isoliert eine negative Immobilienmarktentwicklung simuliert werden. Im Ergebnis zeigt sich, um wieviel Prozent die Immobilienpreise fallen könnten, ohne die Risikotragfähigkeit zu gefährden. Bei der in diesem Zusammenhang spannenden Frage, um wieviel Prozent die Immobilienmärkte überbewertet sind, unterstützt die Deutsche Bundesbank u. a. mit Hinweisen in der NZU-Auswertung (15–30 % in deutschen Städten). Ebenso finden sich darin Analysen zu historischen Krisenentwicklungen, die für Überprüfungen der Parameter verwendet werden können.

Zur Unterstützung der in der Praxis zu beobachtenden, oft sehr einfachen Methoden, zur Risikoquantifizierung – die Bandbreite reicht vom pauschalen Risikoansatz (z. B. 10–20 % des Verkehrswertes) über Stellvertreter- und Value at Risk-Modelle bis zu komplexen Monte Carlo-Simulationen – können Frühwarnprozesse dienen. Während ein Prozess für die Frühwarnfunktion von Risiken in einem Kreditinstitut standardisiert aufgesetzt werden kann, sind für die Immobilienrisiken einige Besonderheiten zu beachten. Der Standardprozess umfasst dabei die Schritte des Sammelns und Beobachtens von Frühwarnindikatoren, des Erkennens und Interpretierens der Signale beim Anschlagen der Indikatoren sowie das Einleiten von Maßnahmen. Flankiert wird der Prozess von einer regelmäßigen Überprüfung der Angemessenheit der Indikatoren und Kalibrierung der Warnschwellen.

Für den Bereich der Immobilienrisiken ist zu beachten, dass es Einflüsse aus der Makrolage, also der allgemeinen Immobilienmarktentwicklung oder des wirtschaftlichen Umfelds, der Mikrolage, also z. B. aus standortbezogenen, infrastrukturellen Risiken sowie schließlich auch aus objektbezogenen Bereichen, wie der Instandhaltung oder den Mietern, geben kann.

Im Fazit unterstützen Frühwarnprozesse und inverse Stresstests bei einem betriebswirtschaftlich sinnvollen Risikomanagement von Immobilienrisiken.

PRAXISTIPPS

  • Beachten Sie im Rahmen der regelmäßigen oder anlassbezogenen Risikoinventur die Immobilienrisiken.
  • Im Falle der Wesentlichkeit sind alle Aspekte der MaRisk zu beachten: Strategie, Risikomessung, Risikotragfähigkeit, Stresstests, Risikokonzentrationen, Berichtswesen, Meldewesen sowie bei den Frühwarnprozessen.
  • Etablieren Sie parallel zur Risikoquantifizierung Prozesse zur Frühwarnung.
  • Verankern Sie die Immobilienrisiken, die damit verbundenen Stresstests sowie das Frühwarnsystem im Berichtswesen.


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