Doppelter Aufwand in der Dokumentation?!
Am 23.06.2017 wurde der Entwurf einer Allgemeinverfügung zur Einreichung von Berichten über Kundenbeschwerden im Zusammenhang mit dem Entwurf eines Rundschreibens zur Umsetzung der ESMA/EBA-Leitlinien zur Beschwerdeabwicklung zur Konsultation gestellt. Die Berichtspflicht ist neben den organisatorischen Anforderungen und Prozessanpassungen eine der größten Herausforderungen in diesem Zusammenhang.
Zusätzlich wurde am 02.11.2017 der Entwurf der Überarbeitung des Rundschreibens 15/2017 (WA) – MaComp zur Konsultation gestellt, der in BT 12 Beschwerdemanagement und Beschwerdebericht nach Art. 26 DV weitere Pflichten, bzw. eine zusätzliche Berichtspflicht im Zusammenhang mit Beschwerden zu Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen enthält. Ausgehend von dem Entwurf stellen auch hier die weitergehenden Dokumentationsanforderungen eine große Herausforderung dar.
Im nachfolgenden Überblick werden die unterschiedlichen Berichtspflichten kurz dargestellt:
Allgemeinverfügung zur Einreichung von Berichten über Kundenbeschwerden
Der Beschwerdebericht soll mindestens die folgenden Angaben enthalten:
- Anzahl der Beschwerden, gesamt und aufgeschlüsselt nach den folgenden
Geschäftsarten/Kategorien:
-Zahlungskonto/Girokonto,
-Abwicklung Zahlungsverkehr,
-Geldanlage (Spar-, Tages- und Termineinlagen),
-Grundpfandrechtlich gesicherte Kredite,
-Sonstige Kredite (einschließlich Dispositionskredite),
-Zahlungskarten (Debitkarte/Kreditkarte),
-Zahlungsdienste,
-Bausparen (unterteilt nach Bausparguthaben und Bauspardarlehen),
-Leasing/Factoring,
-Sonstige Geschäftsarten sowie Datenschutz/Schufa,
- der Bearbeitungsstand und die Bearbeitungsdauer,
- die verschiedenen Beschwerdegründe unter Angabe der Fallzahlen,
- die Zahl der Beschwerden, die für die Beschwerdeführer zumindest teilweise erfolgreich verlaufen sind, Anzahl und Umfang von Kulanzzahlungen und Gerichtsverfahren, die aus Beschwerden resultieren,
- Angaben zu mit Beschwerden zusammenhängenden personellen und organisatorischen Konsequenzen.
Beschwerdebericht nach Art. 26. Abs. 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565
Der Beschwerdebericht hat die nachfolgenden Angaben zu enthalten:
Abschnitt A:
- die Anzahl der Beschwerden, gesamt und aufgeschlüsselt nach den einzelnen Wertpapierdienst- und Wertpapiernebendienstleitungen,
- in zusammengefasster Form die Angabe des Bearbeitungsstandes zum 31.12. des Kalenderjahres
- Angaben dazu, wie viele Beschwerden für den Beschwerdeführer zumindest teilweise erfolgreich erledigt wurden, Anzahl der Kulanzzahlungen sowie anhängige Gerichts- und Schlichtungsverfahren
Abschnitt B:
Übersicht über die Beschwerdegründe unter Angabe der jeweiligen Fallzahlen
aufgeschlüsselt nach den nachfolgenden Beschwerdegründen
- „Auftragsausführung (Erfassung, Durchführung einschließlich Best Execution, Abrechnung)“,
- „Aufzeichnungspflichten (z. B. Geeignetheitserklärung)“,
- „Einholung von Kundeninformationen“,
- „Empfehlung (Geeignetheit)“,
- „Entgelte, Gebühren, Kosten, Zuwendungen“,
- „Interessenkonflikte (Vermeidung, Management, Offenlegung)“,
- „Risikoaufklärung“,
- „Sekundärmarkt (Preisstellung, Quotierung)“,
- „Verwahrung, Verwaltung“ und
- „Sonstiges“
Abschnitt C:
Die Anzahl der Beschwerden aufgeschlüsselt nach den einzelnen
Finanzinstrumenten gemäß § 2 Abs. 4 WpHG.
SEMINARTIPPS
Neue Vorgaben für das Beschwerdemanagement, 11.04.2018, Frankfurt/M.
Hamburger Wertpapier-Tage, Aufsichtsrecht & Verbraucherschutz, 04.-05.06.2018, Hamburg.
Prüfung der Wertpapiergeschäfte & Beratungsprozesse, 06.06.2018, Hamburg.
Infos unter www.fch-gruppe.de
Abschnitt D:
Angaben zu mit Beschwerden zusammenhängenden personellen und organisatorischen Konsequenzen.
Fazit in zwei Teilen
- Der Entwurf des Rundschreibens und die Allgemeinverfügung vom 23.06.2017 schaffen die notwendige Klarheit zu den Anforderungen der Aufsicht zur Organisation der Beschwerdeabwicklung in den beaufsichtigten Unternehmen. Teilweise dürften diese Anforderungen, losgelöst vom Beschwerdebericht, bereits im Rahmen eines Best-Practice-Ansatzes in den einzelnen Instituten umgesetzt und gelebte Praxis sein.
- Die zusätzliche Berichtspflicht aus dem Entwurf der Überarbeitung des Rundschreibens 4/2010 (MaComp) in BT 12.2 erschließt sich nicht. Weder findet sich in Art. 26 der Durchführungsverordnung noch in den ESMA/EBA-Leitlinien die notwendige Anforderung. Der Art. 26 Abs. 6 DV sieht lediglich eine Übermittlung von „Informationen über Beschwerden und deren Abwicklung“ vor. Auch Leitlinie 4 der ESMA/EBA-Leitlinien sieht einen solchen Bericht nicht vor, ganz zu schweigen von der Detaillierungstiefe der erforderlichen Angaben.
Positiv hervorzuheben bleibt, dass für beide Berichtsanforderungen die gleiche Abgabefrist bis zum 01.03. für das vorangegangene Kalenderjahr gewählt wurde. Der Beschwerdebericht nach Art. 26. Abs. 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 hätte erstmals für 2018, zum 01.03.2019, zu erfolgen. In der Allgemeinverfügung zur Einreichung von Berichten über Kundenbeschwerden ist leider kein entsprechender Vorlauf vorgesehen, theoretisch wäre bei kurzfristiger finaler Veröffentlichung bereits das Jahr 2017 maßgeblich. Zusätzlicher Aufwand in den Prozessen und in der Dokumentation ist die Folge.
PRAXISTIPPS
- Überprüfung des Beschwerdemanagements und der dazugehörigen Prozesse im Hinblick auf die Anforderungen der beiden Entwürfe
- Vorbereitende Aktivitäten im Hinblick auf den zu erstellenden Beschwerdebericht
- Zuständigkeiten festlegen
- Überprüfung der bestehenden Kategorien im Beschwerdemanagement, ggf. weitere Kategorien/Angaben aufnehmen
- Fortlaufende Analyse der Kundenbeschwerden
Beitragsnummer: 424