Dienstag, 27. Februar 2018

Grundsatz der Staatenimmunität

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Thümmel, Schütze & Partner

In einem Verfahren, in welchem die Kläger gegen den griechischen Staat Zahlungsansprüche aus von diesem emittierten Staatsanleihen geltend gemacht hatten, welche im März 2012 eingezogen und durch neue Anleihen mit einem niedrigeren Nennwert ersetzt worden waren, musste der Bundesgerichtshof in seinem Urt. v. 19.12.2017, Az. XI ZR 796/16, darüber entscheiden, ob der zur Unzulässigkeit der Klage führende Grundsatz der Staatenimmunität auch dann gilt, wenn die Zahlungsansprüche auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglich erworbenen Staatsanleihen oder aber auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gestützt werden.

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18. Heidelberger Bankrechts-Tage, 22.–23.10.2018, Heidelberg




Diesbezüglich hält der Bundesgerichtshof zunächst fest, dass es für die Frage der Immunität eines Staates nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses ankommt, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also auf die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien vor Gericht streiten. Demgemäß komme es im konkreten Fall unabhängig von der rechtlichen Einkleidung der geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht auf die Rechtsnatur der als privatrechtlichen Akt anzusehenden Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen an, sondern auf die Rechtsnatur der hoheitlichen Maßnahmen des griechischen Staates, die letztlich zur Ausbuchung der Anleihen aus den Wertpapierdepots der Kläger führten.

Nachdem Gegenstand des vom Bundesgerichtshofs zu entscheidenden Falles nicht die im Zeitpunkt der Fälligkeit verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages vom griechischen Staat als Vertragspartner geschuldeten Zahlungsanspruchs war, sondern die Frage, ob der griechische Gesetzgeber berechtigt war, mit Wirkung gegenüber ausländischen Gläubigern, die beim Erwerb der Anleihen in die Geltung seiner Zivilrechtsordnung eingewilligt hatten, gegen deren Willen neue Vorschriften in seine Rechtsordnung einzufügen, welche früher geltende Normen ersetzen oder ergänzen, gelangt der Bundesgerichtshof zum Ergebnis, dass im konkreten Fall die Rechtsnatur der relevanten Maßnahme hoheitlichen Charakter hatte und demgemäß aufgrund des Grundsatzes der Staatenimmunität die Klage auch in Bezug auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglich von den Klägern erworbenen Staatsanleihen oder auf vertragliche Schadensersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung gegenüber dem griechischen Staat mangels Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit unzulässig sei. Andernfalls würde – so der BGH – nämlich das angerufene Gericht die Rechtswidrigkeit und eine darauf ggf. resultierende Nichtigkeit oder Unbeachtlichkeit des vom griechischen Staat zugelassenen Gesetzes feststellen, was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht vereinbar wäre.



Beitragsnummer: 442

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