Mittwoch, 31. Januar 2018

Finale EBA-Guidelines zu „Gruppe verbundener Kunden“*

*[1]

Frank Günther, Senior Consultant und Kreditspezialist für FCH Consult GmbH (langjähriger Leiter Kreditreferat der Berliner Volksbank eG)

Rechtlicher Rahmen und Ziele der Guideline

Am 14.11.2017 hat die EBA die finalen Leitlinien zur Bildung von Gruppen verbundener Kunden – GvK – (Guidelines on connected clients under Article 4(1)(39) of Regulation (EU) No 575/2013 (EBA/GL/2017/15) veröffentlicht[2]. Durch die Veröffentlichung der Leitlinien seitens der EBA, welche bis zum 01.01.2019 in nationales Recht zu überführen sind, erhält die Bildung von Gruppen verbundener Kunden eine neue Aktualität. Dies gilt umso mehr, da die EBA-Leitlinien im Vergleich zu den CEBS Guidelines vom Dezember 2009 die Gruppenbildung punktuell weiterentwickeln. Dies gilt insbesondere für die nun bei Vorliegen von besonderen Ansteckungsrisiken vorgesehene Zusammenführung von Gruppen, die unter Anwendung des Kontrolltatbestands gebildet wurden, mit Gruppen, welche auf Grund wirtschaftlicher Abhängigkeiten gebildet wurden. Es gilt jedoch zu beobachten, wie der deutsche Gesetzgeber die EBA-Leitlinien endgültig in nationales Recht überführen wird[3].

Im Fokus der Änderungen und Klarstellungen stehen in erster Linie die Großkreditvorschriften nach Teil 4 der CRR aus. Allerdings sind von den Änderungen gleichermaßen auch alle sonstigen direkten Vorgaben der CRR und über die Vermittlung des § 19 Abs. 3 KWG die Anforderungen an die Kreditprozesse betroffen, die auf den einheitlichen GvK-Begriff zurückgreifen (z. B. anwendbare Kreditkompetenz, Einstufung für risikoorientierte MaRisk Öffnungsklauseln, § 18-Offenlegung, Einhaltung der Organkreditvorschriften). Gleichfalls ist zu beachten, dass sich durch die avisierten Veränderungen im Einzelfall Änderungen in der Bewertung des Risikos der einzelnen GvK in der Adressrisikosteuerung und im Risikoreporting ergeben können.

SEMINARTIPPS

ProzessCheck AnaCredit-Umsetzung: Datenhaushalte • Datenverarbeitung • Meldung, 04.06.2018, Frankfurt/M.

Kreditnehmereinheiten/GvK in der Analyse & Meldewesen & Prüfung, 21.–22.06.2018, Frankfurt/M.


System der Ermittlung des umfassenden Dominoeffekts

Entsprechend der EBA Leitlinie Abschnitt 7 sind die Kontrolltatbestände und die Indizien für wirtschaftliche Abhängigkeiten zunächst jeweils separat zu untersuchen. Danach ist zu prüfen, inwieweit einzelne GvKs miteinander verflochten sein könnten. Die EBA unterscheidet In diesem Zusammenhang zwischen einer „Downstream“- und einer „Upstream-Ansteckungsgefahr“. Von einer abwärts gerichteten Ansteckung sollte immer dann ausgegangen werden, wenn ein Kunde wirtschaftlich abhängig ist und er selbst an der Spitze einer Kontrollgruppe steht. Eine Upstream-Ansteckungsgefahr liegt vor, wenn ein Tochterunternehmen von einem Dritten wirtschaftlich abhängig wäre und selbst eine wesentliche Rolle innerhalb des eigenen Konzerns einnähme. In beiden Fällen wäre der gesamte Konzern in die GvK des Dritten einzubeziehen. Entscheidend für die umfassende Verbindung von zunächst separaten GvKs ist immer ein möglicherweise bestehender „Domino-Effekt“, der letztlich zu Zahlungsschwierigkeiten bei einem oder mehreren anderen Personen führen könnte[4].

Darüber hinaus wird in den Leitlinien explizit darauf hingewiesen, dass sofern bei der Bildung der Kontroll-GvKs bei Zentral-, Regionalregierungen und örtlichen Gebietskörperschaften in der Bank der Alternativansatz zur Anwendung kommt, zwischen den einzelnen Personen/Unternehmen der verschiedenen Kontroll-GvK’s wirtschaftliche Abhängigkeiten zu überprüfen sind und entsprechend Ergebnis ggf. übergreifende GvK’s zu bilden sind.

Beispiel der Überprüfung eines umfassenden Dominoeffekts

  1. Sachlage:
Bankkunde 1: V AG (Mehrheitsgesellschafter der A GmbH)

Bankkunde 2: Bogen OHG (Persönlich haftende Gesellschafter B und C)

Wirtschaftliche Verbindung: Hauptmieter des Gebäudes der Bogen OHG ist die V AG (68 % der Mieten).

Es wird zwischen der Bogen OHG (als Eigentümer) und die V AG (als Hauptmieter) eine wirtschaftliche Abhängigkeit vermutet.

2. Prüfung ob und in welchem Umfang GvK zu bilden ist (beispielhaft-verkürzt):

  • Kredit an die Bogen OHG ausschließlich durch Mieten (V AG) Cashflow bedient,
  • die Bogen OHG hat keine sonstigen liquiden Mittel
  • eine kurzfristige Neuvermietung bei Zahlungsschwierigkeiten der V AG erscheint auf Grund des örtlichen Immobilienmarktes nicht möglich
3. Ergebnis (verkürzt):

Wenn die VAG in Zahlungsschwierigkeiten kommt, wird die Bogen OG mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zahlungsschwierigkeiten kommen.

Sofern die V AG in Zahlungsschwierigkeiten kommt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Tochter A-GmbH auch in Schwierigkeiten kommen.

B + C ziehen Ihre Einkünfte ausschließlich aus der Bogen OHG und haben keine wesentlichen Rücklagen. Sie haften voll für die Verbindlichkeiten der OHG.

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Abbildung: Beispiel umfassender Dominoeffekt

PRAXISTIPPS

  • Überprüfen Sie Ihre Praxis und die internen Anweisungen zur Bildung der Gruppe verbundener Kunden.
  • Ermitteln Sie die Auswirkungen ggf. notwendiger Veränderungen vor allem bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Abhängigkeiten und der umfassenden Ansteckungskette auf die Kreditprozesse, das Meldewesen und die interne Steuerung der Bank.
  • Sensibilisieren und schulen Sie Ihre Mitarbeiter Markt/Marktfolge Kredit, Meldewesen und Revision.
  • Beachten Sie betreffs der Großkreditanzeigen die noch ausstehenden Konkretisierungen der Deutschen Bundesbank, z. B. zur Bezeichnung der Gruppen verbundener Kunden erwartet.

  1. Unter Verwendung des gleichnamigen Beitrags aus dem BankPraktiker 05/2018.
  2. Am 23.02.2018 erfolgte die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung. https://www.eba.europa.eu/documents/10180/2135623/Guidelines+on+connected+clients+%28EBA-GL-2017-15%29_DE.pdf/7a09afa8-55c1-4fc6-8461-6649adb4eee1
  3. Nach gegenwärtigem Stand soll frühestens im II. Quartal 2018 ein Rundschreibenentwurf der deutschen Aufsicht zur Konsultation gestellt werden.
  4. Siehe auch https://blogs.pwc.de/regulatory/aktuelles/eba-veroeffentlicht-konsultationspapier-zur-bildung-von-gruppen-verbundener-kunden/1995


Beitragsnummer: 510

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