Montag, 16. April 2018

Abbedingung des § 193 BGB: keine Auswirkungen auf Widerrufsbelehrung


Tilman Hölldampf, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

Kreditinstitute haben für den Zeitraum nach dem 10.06.2010 teilweise in ihren zum Bestandteil des Darlehensvertrages gemachten Kreditbedingungen eine Regelung vorgesehen, wonach die Vorschrift des § 193 BGB, nach welcher dann, wenn an einem Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen Feiertrag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag fällt, abbedungen wird. Grund hierfür ist, unabhängig von der Anzahl der Tage eines Kalendermonats eine regelmäßige Zahlungsfälligkeit der monatlichen Rate zum 30. Kalendertag eines jeden Monats herzustellen.

In jüngerer Zeit haben Verbraucheranwälte gestützt auf ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.12.2017, Az. 10 O 143/17, vermehrt vorgetragen, durch die Abbedingung des § 193 BGB werde die Widerrufsinformation unwirksam, da der Verbraucher glauben könnte, die Widerrufsfrist ende auch an einem Sonn- oder Feiertag.

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Dem ist das Landgericht Stuttgart in seinem Urt. v. 16.03.2018, Az. 12 O 327/17, entgegengetreten. Das Gericht hält zutreffend fest, dass zwischen der Widerrufsinformation und der Regelung in den Kreditbedingungen ein innerer Zusammenhang bereits nicht besteht. Zudem ist die Fristenregelung der Widerrufsinformation erkennbar spezieller, sodass für einen verständigen Verbraucher erkennbar ist, dass diese der Regelung in den Kreditbedingungen vorgeht. Die Auslegung der Regelung in den Kreditbedingungen ergebe zudem, dass diese nicht zu Lasten des Verbrauchers die Widerrufsfrist verkürzen solle.

PRAXISTIPP

Dem Landgericht Stuttgart ist darin zuzustimmen, dass die Abbedingung des § 193 BGB in den Allgemeinen Kreditbedingungen in keinem Zusammenhang mit der erteilten Widerrufsinformation steht. Dies folgt bereits aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2017, Az. XI ZR 443/16 Rn. 25, in welchem dieser festgehalten hat, dass eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich wird, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten. Selbst wenn daher die Abbedingung des § 193 BGB AGB-rechtlich gesehen Bedenken aufwerfen sollte, da hiervon auch das Widerrufsrecht umfasst sein könnte, hätte dies keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der erteilten Widerrufsinformation als solche.

Ungeachtet dessen verstößt die Abbedingung des § 193 BGB auch nicht gegen halbzwingendes Verbraucherrecht (§ 511 BGB a.F.), da die 14-tägige Widerrufsfrist der §§ 495 Abs. 1, 355 BGB gerade nicht verkürzt wird. Dem Verbraucher stehen die nach diesen Vorschriften vorgesehenen vollen 14 Tage zur Verfügung, um eine Entscheidung darüber zu treffen, ob er widerrufen will. Hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Widerrufs kommt es auch allein auf den Zeitpunkt der Absendung an (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.), welche ohne weiteres auch an einem Sonn- oder Feiertag möglich ist. Dem Verbraucher steht mithin lediglich der „Bonustag“ nach der (von § 511 BGB a.F. nicht erfassten und für die Parteien grundsätzlich dispositiven) Regelung des § 193 nicht zu.


Beitragsnummer: 515

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