Dienstag, 18. Februar 2020

Umgang mit Zuwendungen im Wertpapiergeschäft



Lukas Zimpfer, Verbandsprüfer, Mitglied der Facharbeitsgruppe WpHG / Depot, Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband e.V.

 


Besonders in Zeiten der anhaltenden Niedrigzinsphase sind Banken auf Provisionserträge angewiesen. Einen wesentlichen Bestandteil nehmen dabei die Provisionen aus Wertpapiergeschäften ein. Allerdings ist bei der aufsichtsrechtmäßigen Vereinnahmung von Zuwendungen, insbesondere aus der Vermittlung von Wertpapieren, einiges zu beachten.

Der Begriff Zuwendungen ist weit umfassend auszulegen und beinhaltet sämtliche Geldleistungen und nichtmonetäre Vorteile, die ein Wertpapierdienstleistungsinstitut im Zusammenhang mit der Erbringung einer Wertpapier(neben)dienstleistung von Dritten erhält oder Dritten gewährt, wobei der Dritte nicht Kunde dieser Dienstleistung ist (vgl. § 70 Abs. 2 WpHG). Insofern ist stets ein Dreiecksverhältnis zwischen „Kunde“ „Wertpapierdienstleistungsunternehmen“ und „Drittem“ nötig, um überhaupt in der aufsichtsrechtlichen Thematik der Zuwendungen zu sein. Keine Zuwendungen stellen Gebühren und Entgelte dar, die die Erbringung der Wertpapierdienstleistung erst ermöglichen oder hierfür zwingend notwendig sind, wie beispielsweise Börsenspesen. Nach herrschender Meinung gelten auch Margen (z. B. bei Festpreisgeschäften) nicht als Zuwendungen i. S. d. 

§ 70 WpHG. 

Zuwendungen sind grundsätzlich verboten, es sei denn die nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen sind kumulativ erfüllt:

  • die Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern und steht der ordnungsgemäßen Erbringung der Dienstleistung im bestmöglichen Kundeninteresse nicht entgegen und        
  • die Existenz, Art und der Umfang der Zuwendung oder, soweit sich der Umfang noch nicht bestimmen lässt, die Art und Weise seiner Berechnung werden dem Kunden vor der Erbringung der Wertpapier(neben)dienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise unmissverständlich offengelegt (vgl. § 70 Abs. 1 S. 1 WpHG).

Solange ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen Zuwendungen erhält oder gewährt, müssen die Vorgaben zur Qualitätsverbesserung kontinuierlich erfüllt werden. Das Vorliegen einer Qualitätsverbesserung setzt voraus, dass die in § 6 Abs. 2 WpDVerOV aufgeführten Bedingungen erfüllt sind.

Vor Erbringung der Wertpapier(neben)dienstleistung sind Zuwendungen unmissverständlich offenzulegen. Dabei wird in monetäre und nichtmonetäre Zuwendungen unterschieden. Die monetären Zuwendungen werden im Rahmen der ex-ante-Kosteninformation offengelegt und da diese auf Schätzwerten beruht, ist der Kunde einmal jährlich durch die ex-post-Kosteninformation über die tatsächliche Höhe der Zuwendungen zu informieren. Bei den nichtmonetären Zuwendungen ist zwischen geringfügig und sonstigen nichtmonetären Zuwendungen zu unterscheiden. Bei geringfügigen nicht monetären Zuwendungen genügt eine generische Beschreibung, die dem Kunden bereits bei Depoteröffnung ausgehändigt werden kann. Sonstige nichtmonetäre Zuwendungen sind in einen monetären Betrag zu quantifizieren und analog den monetären Zuwendungen dem Kunden mitzuteilen. Ab wann eine nichtmonetäre Zuwendung als nicht mehr geringfügig anzusehen ist, ist von dem Wertpapierdienstleistungsinstitut zu beurteilen. Eine Entscheidungshilfe bietet § 6 Abs. 1 WpDVerOV. 

Sofern ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Auskehr von Zuwendungen verpflichtet ist, muss es die Kunden über das diesbezügliche Verfahren informieren (vgl. § 70 Abs. 5 WpHG).

 

BUCHTIPP

Daumann/Leicht (Hrsg.): Arbeitsbuch Prüfung Beauftragtenwesen, 2018

 



Zum Nachweis der Qualitätsverbesserung müssen die nachfolgend vorgestellten Verzeichnisse geführt werden (§ 6 Abs. 3 WpDVerOV i.V.m. BT 10 MaComp):

Im Zuwendungsverzeichnis sind sämtliche Zuwendungen fortlaufend zu erfassen, die ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapier(neben)dienstleistungen von Dritten erhalten hat. Während für geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen eine generische Beschreibung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügt, sind sämtliche monetären und sonstige nicht monetäre Zuwendungen in einen Eurobetrag zu quantifizieren. Zuwendungen, die an Kunden ausgekehrt werden, sind nicht zu erfassen (BT 10.1 MaComp).

Das Verwendungsverzeichnis ist zu erstellen, wenn Wertpapierdienstleistungsunternehmen Zuwendungen annehmen, behalten oder gewähren. Es ist aufzuführen, wie die erhaltenen oder gewährten Zuwendungen die Qualität der Dienstleistungen für die betreffenden Kunden erhöht. Die Aufrechterhaltung bereits erreichter Qualitätsverbesserungendarf kann als zulässige Qualitätsverbesserung angesehen werden (BT 10.2 Tz. 1 und BT 10.4 Tz. 1 MaComp). Sofern es sich um monetäre Zuwendungen handelt ist anzugeben, in welcher Höhe diese für Qualitätsverbesserungen verwendet wurden. Für geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen und gewährten Zuwendungen genügt eine generische Beschreibung der Qualitätsverbesserung für die jeweils betroffenen Kunden. Es ist streng zwischen vereinnahmten Zuwendungen und gewährten Zuwendungen zu differenzieren und die Verwendung in jeweils gesonderten Abschnitten darzustellen. In einem weiteren, allerdings nicht fortlaufend zu führenden Abschnitt ist darzulegen, wie beabsichtigt wird, die im kommenden Jahr zufließenden Zuwendungen zur Verbesserung der Qualität der Dienstleistungen einzusetzen. Vereinnahmte Zuwendungen sind grundsätzlich im selben Jahr zu verwenden. Eine Verwendung im Folgejahr ist nur in sachlich begründeten Fällen zulässig. Im Geschäftsjahr nicht verwendete Zuwendungen sind als solche im Verwendungsverzeichnis auszuweisen (BT 10.2 MaComp). Die Verwendung für Qualitätsverbesserungen ist nach den Regelbeispielen des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WpDVerOV sowie nach den Kunden (wobei diese auch in homogenen Kundengruppen zusammengefasst werden können), für die die Verwendung der Zuwendungen eine Qualitätsverbesserung bedeutet, aufzuschlüsseln.

Die Verwendung der Zuwendungen müssen für jedes in Anspruch genommene Regelbeispiel und für jede betreffende Kundengruppe aufgezeichnet werden.

Die Demonstration, dass sämtliche Zuwendungen für Maßnahmen der Qualitätsverbesserung und / oder Qualitätssicherung verwendet werden, ist Zweck des Verwendungsverzeichnisses. Dieser Zweck ist erfüllt, sobald aus der Aufstellung hervorgeht, dass die Summe der Aufwendungen die Summe der monetären Zuwendungen erreicht oder überschreitet. 

Im Maßnahmenverzeichnis sind, differenziert zwischen „einmalig“, „wiederkehrend“ und „dauernd“ alle Schritte (Maßnahmen) zu dokumentieren, die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen unternommen hat, um der Erfüllung der Pflichten ehrlichen, redlichen und professionell im bestmöglichen Kundeninteresse zu handeln gerecht zu werden (BT 10.3 MaComp).

 

SEMINARTIPPS

Hamburger Wertpapier-Tage: Aufsichtsrecht & Verbraucherschutz, 04.–05.05.2020, Hamburg.

Aktuelle Prüfungsfelder im Wertpapier- & Depotgeschäft, 06.05.2020, Hamburg.

(Un)Zulässige Zuwendungen im Wertpapiergeschäft, 22.06.2020, Frankfurt/M.

WpHG und MaComp Aktuell, 02.12.2020, Frankfurt/M.

 

Die Verzeichnisse sind jährlich, in den ersten drei Monaten nach Ende des Geschäftsjahres, sowie fortlaufend (d.h. mind. einmal unterjährig) sowie als Planungsverzeichnis für das kommende Geschäftsjahr zu erstellen (BT 10.1 Tz. 2 / BT 10.2 Tz. 4 / BT 10.3 Tz. 2 MaComp i.V.m. § 340a Abs. 1 HGB, § 26 Abs. 1 KWG).

 





PRAXISTIPPS

  • Sämtliche Zuwendungen sind fortlaufend im Zuwendungsverzeichnis zu erfassen.
  • Monetäre und sonstige nicht monetäre Zuwendungen sind in einem Eurobetrag zu quantifizieren, für geringfügige nichtmonetäre Zuwendungen genügt eine generische Beschreibung.
  • Im Verwendungsverzeichnis ist aufzuführen, wie die erhaltenen oder gewährten Zuwendungen die Qualität der Dienstleistungen für die betreffenden Kunden erhöht.
  • Vereinnahmte Zuwendungen sind grundsätzlich im selben Jahr zu verwenden.
  • Eine Verwendung im Folgejahr ist nur in sachlich begründeten Fällen zulässig.
  • Die Verwendung für Qualitätsverbesserungen ist nach den Regelbeispielen des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WpDVerOV sowie nach Kunden (Zusammenfassung in homogene Kundengruppen möglich) aufzuschlüsseln.
  • Im Maßnahmenverzeichnis sind alle Schritte (Maßnahmen) zu dokumentieren, die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen unternommen hat, um der Erfüllung ihrer WpHG-Pflichten gerecht zu werden.
  • Die Verzeichnisse sind jährlich, in den ersten drei Monaten nach Ende des Geschäftsjahres, sowie fortlaufend (d.h. mind. einmal unterjährig) sowie als Planungsverzeichnis für das kommende Geschäftsjahr zu erstellen.

Beitragsnummer: 5156

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