Mittwoch, 18. April 2018

Fintechs – Rechtliche Herausforderungen einer neuen Industrie

Tobias Gronemann, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner, Berlin

Crowdfunding (Seedmatch), Online Zahlungsverkehr (paypal), Kreditplattformen (auxmoney, lendingclub), Robo-Advisors (scalable capital) und Crypto-Currencies (Bitcoin) sind die bekannten Geschäftsmodelle, unter denen sich mehr oder weniger jedes Fintech einordnen lässt. Daneben gibt es weitere Start-Ups, die unter den Begriff der Fintechs fallen, aber keinen direkten Kontakt zum Verbraucher haben, sondern sich als Dienstleister für andere Internetplattformen verstehen (Solaris Bank).

Für die meisten Fintechs stellt sich am Anfang die Frage, ob für das jeweilige Geschäftsmodell die Beantragung einer Banklizenz notwendig ist oder das Geschäftsmodell in Kooperation mit einer Bank aufgezogen werden soll. Daran anknüpfend ergeben sich vielfältige bankaufsichtsrechtliche Fragen. Je nachdem, was gewollt ist – eine eigene Banklizenz oder die Kooperation mit einer Bank – besteht auf Seiten der Fintechs Beratungsbedarf, u. a. im Rahmen des Antragsverfahrens bei der BaFin oder in der Ausarbeitung eines Kooperationsvertrages mit dem Partnerkreditinstitut.

Neben aufsichtsrechtlichen Fragen benötigen Fintechs auch auf anderen Rechtsgebieten eine Beratung. So sieht das Geschäftsmodell eines Fintechs in der Regel keinen persönlichen Kontakt zwischen Kunden und Unternehmen vor. Die gesamte Kommunikation – vom Vertragsschluss bis zur Beratung und Durchführung des Vertrages – läuft über das Internet. Datenschutz – und die ordnungsgemäße rechtliche Implementierung – stellen insbesondere in Hinblick auf die ab dem 25.05.2018 verbindlich anzuwendende Datenschutzgrundverordnung (EU-DGSVO) große Herausforderungen für junge Unternehmen dar. Zum einen stellt sich hier die Frage, welche Daten von den Kunden erhoben und an wen (insbesondere, wenn mit einer Bank kooperiert werden soll) und in welchem Umfang diese Daten weitergegeben werden dürfen. Zum anderen bestehen bestimmte Reporting-Pflichten, um jederzeit den ordnungsgemäßen Umgang mit den Kundendaten nachweisen zu können.

Daneben ist es unerlässlich, verständliche und rechtmäßige AGB zu verwenden. Unerlässlich ist eine AGB-Regelung, nach der die Haftung des Fintech im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten weitestgehend begrenzt ist. Hier unterscheiden sich Fintechs kaum von anderen Unternehmen, die ihre Waren oder Dienstleistungen im Internet anbieten. Weitere zivilrechtliche Fragen ergeben sich im Bereich der Zahlungsdienste. Daneben ist im Zusammenhang von Zahlungsdiensten die Erlaubnispflicht nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) zu beachten.

Fintechs haben dementsprechend bereits von dem Zeitpunkt der Gründung an einen hohen aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Rechtsberatungsbedarf, der nicht unterschätzt werden sollte, da sonst – trotz erfolgreichen Geschäftsmodells – diese rechtlichen Fallstricke das junge Unternehmen gefährden werden. Eine erste wegweisende und für die rechtliche Beratung entscheidende Weichenstellung trifft jedes Fintech am Anfang selbst: Aufsichtsrechtliche Eigenständigkeit oder Kooperation mit einem Partnerkreditinstitut.

PRAXISTIPP

  • Bereits die kurze Einführung in das Thema Fintech verdeutlicht, wie umfangreich dieses Themengebiet ist. Rechtliche Fragen entstammen den unterschiedlichsten rechtlichen Fachgebieten. Im Ergebnis ist es wichtig, eine umfassende rechtliche Bewertung des Einzelfalls vorzunehmen, wobei dies ein Verständnis des geplanten Geschäftsmodells in wirtschaftlicher und auch technischer Hinsicht voraussetzt.


Beitragsnummer: 520

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