Freitag, 27. April 2018

Vom internen Bankprojekt zum Start-up

Jochen Wurster, Abteilungsleiter Unternehmensservice, PSD Bank RheinNeckarSaar eG

„Bis Ende des Jahres 2017 sollen all unsere internen Prozesse papierlos laufen.” Dieses Ziel hatte sich die PSD Bank RheinNeckarSaar eG vergangenes Jahr im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie gesetzt. Während bei den Kundenprozessen dank Scannen vor Bearbeitung und zentralen Drucklösungen Papier schon weit zurückgedrängt war, gab es für die bankinternen Prozesse viele Einzellösungen, keine klare Strategie und jede Menge Papier und Hauspostmappen.

1. Projektziele und technische Rahmenbedingungen

Mit der Digitalisierung wollte die Bank v. a. das standortunabhängige Arbeiten insbesondere auch vom Home-Office aus ermöglichen. Gleichzeitig sollten die Durchlaufzeiten durch den Wegfall von Transport- und Liegezeiten verkürzt und die Nachvollziehbarkeit durch eine zentrale Archivierung verbessert werden.

Die PSD Bank RheinNeckarSaar eG betreibt ein klassisches Client/Server-Netzwerk auf Basis der Infrastruktur der Fiducia & GAD IT AG. Eine neue Lösung musste in diesem Systemumfeld lauffähig sein und gleichzeitig einen zukünftigen Betrieb in der Cloud ermöglichen.

Workflows sollten jederzeit hausintern erstellt und geändert werden können, ohne dass dafür tiefgehende Programmierkenntnisse notwendig sind (Low Code-Plattform).

Nach ausführlicher Marktrecherche und einem Proof-of-Concept hat sich die Bank für die JobRouter-Digitalisierungsplattform entschieden. JobRouter ist vollständig web-orientiert, sehr individuell konfigurierbar und wird mit einem für die Bank optimal geeigneten Lizenzmodell angeboten.

2. Systemeinführung

Zentrale Ansprechpartner waren die für jeden Prozess festgelegten Prozessverantwortlichen. Deren wichtigste Aufgabe war zunächst die detaillierte Dokumentation der vorhandenen Prozesse als Grundlage für die Übernahme in das digitale System. Nach der Programmierung galt es, für das nach MaRisk und BAIT geforderte Test- und Freigabeverfahren Testfälle zu definieren und den ordnungsgemäßen Ablauf der Tests zu dokumentieren.

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde das neue System in mehreren Webinar-Terminen vorgestellt. Ergänzend konnte im Intranet jederzeit ein Video-Tutorial abgerufen werden.

SEMINARTIPPS

Entscheidend für den großen Erfolg des Projekts war sicherlich, dass die für Mitarbeiter und Entscheider wichtigen Key-Prozesse zuerst eingeführt wurden. Dadurch konnten bereits vom ersten Tag an alle Beteiligten die Vorteile live erleben und das System nutzen. Trotzdem kam es immer wieder vor, dass auch nach der Systemfreigabe noch Vorgänge auf dem alten, analogen Weg beim Empfänger ankamen. Hier ist die Verantwortung aller Empfänger gefragt: Die Nutzung des neuen Systems muss konsequent überwacht und ggf. auch eingefordert werden

3. Fazit und Ausblick

Anfangs war die Übernahme der Prozesse in das digitale System vergleichsweise zeitaufwendig, weil die von „Bankern“ erstellten Dokumentationen für die Programmierer nicht immer verständlich oder nicht ausreichend detailliert waren. Die Bank hat hier Neuland betreten und zwischenzeitlich zur Einhaltung der Projekttermine auch externe Entwicklungskapazität eingesetzt. Mit jedem erstellten Workflow wurde der Zeitbedarf aber planbarer und v. a. auch deutlich kürzer.

Das System deckt heute schon eine so breite Palette an Prozessen ab, dass sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die tägliche Arbeit ohne JobRouter gar nicht mehr vorstellen können. Ein System in dieser Flexibilität und mit einem solch umfassenden Lösungsansatz ist bisher einmalig. Zahlreiche Partnerbanken haben sich deshalb bereits persönlich über die Lösung informiert.

Aus dem zunächst bankinternen Projekt entstand zwischenzeitlich eine Start-up-Idee, die im Januar 2018 zur Gründung der Unternehmenseinheit Die Digitalwerker führte. Über sie bietet die PSD Bank den Partnerbanken im genossenschaftlichen FinanzVerbund und darüber hinaus ihr Projekt-Know-how und die von ihr individualisierte Softwarelösung an.

PRAXISTIPPS

  • Auf eine exakte Definition des Projektziels bestehen.
  • Klare Prioritäten festlegen – alles auf einmal wird nicht klappen.
  • Ausreichend Entwicklungszeit einplanen oder auf zugekauftes Know-how aufsetzen.
  • Mit den Key-Prozessen aus Sicht der Anwender beginnen.
  • Entscheider durch Quick-Wins bestätigen.
  • Eine projektbegleitende Prüfung hilft bei der Einhaltung der MaRisk und BAIT ungemein.


Beitragsnummer: 604

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