Dienstag, 8. Mai 2018

Rechtskraft von Urteilen bei Kündigungen von Bausparverträgen

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt, Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In einem Grundsatzurteil vom 10.01.2018, Az. 9 U 167/17, hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass die Rechtskraft eines die Unwirksamkeit einer Kündigung eines Bausparvertrages sowie das Fortbestehen des Bausparvertrages feststellenden Urteils nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB einer neuen, ebenfalls auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützten Kündigung nicht entgegensteht, ein mit dieser neuen Kündigung befasstes Gericht vielmehr unabhängig von der Rechtskraft des Urteils betreffend die frühere Kündigung prüfen muss, ob die neue Kündigung nach neuer aktueller Rechtslage wirksam ist oder nicht. Begründet wurde dies durch das Oberlandesgericht Stuttgart mit dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff, wonach der Streitgegenstand sich „durch den jeweiligen Klageantrag und – insbesondere bei, etwa durch verschiedene Kündigungen, wiederholbaren Rechtsfolgen – den zugrundeliegenden Lebenssachverhalt bestimmt“. In diesem Zusammenhang verweist das Oberlandesgericht Stuttgart auch darauf, dass eine neue Kündigung einen neuen Streitgegenstand bildet, weswegen sich die Rechtskraft eines die Unwirksamkeit der Kündigung und den Fortbestand des Bausparvertrages feststellenden Urteils sich nicht auf den in einem solchen Urteil verneinten Auflösungsgrund bezieht. Insofern würde in einem solchen den Tatbestand des Bausparvertrages feststellenden Urteil nicht rechtskräftig entschieden, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag auch in Zukunft nicht mehr nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kündigen dürfe.

SEMINARTIPP

BauFi-Tage: Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 13.11.2018, Frankfurt/M.

PRAXISTIPP

Nachdem der Bundesgerichtshof in seinen beiden Grundsatzurteilen vom 21.02.2017 (vgl. hierzu BTS 2017, S. 27 f.) entschieden hatte, dass Bausparverträge wirksam nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach erstmaliger Zuteilungsreife gekündigt werden können, sind viele Bausparkassen dazu übergegangen, ihre bereits schon einmal in der Vergangenheit ausgesprochenen, auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützten und von den Gerichten rechtskräftig als unwirksam angesehenen Kündigungen nochmals auf einen späteren Zeitpunkt bezogen auszusprechen. Anders als die Vorinstanz des Landgerichts Heilbronn (Urt. v. 08.09.2017, Az. Bi 6 O 190/17) hat das Oberlandesgericht Stuttgart mit überzeugender Begründung dargelegt, dass es einer Bausparkasse unbenommen bleibt, nochmals eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung auszusprechen, auch wenn sie dies in der Vergangenheit bereits durch eine gleich lautende frühere Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt vergeblich versucht hat und im gerichtlichen Verfahren unterlegen war.



Beitragsnummer: 611

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