Montag, 14. Mai 2018

Zulässigkeit des generischen Maskulinums in Vordrucken und Formularen

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt, Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seinem Urt. v. 13.03.2018, Az. VI ZR 143/17, entschied der Bundesgerichtshof, dass kein gesetzlicher Anspruch darauf besteht, in Vordrucken und Formularen von Sparkassen nicht mit Personenbezeichnung erfasst zu werden, deren grammatisches Geschlecht vom eigenen natürlichen Geschlecht abweicht. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, dass sowohl nach dem üblichen Sprachgebrauch als auch nach dem üblichen Sprachverständnis der Bedeutungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung jedes natürliche Geschlecht umfassen kann (sog. generisches Maskulinum). Dabei hebt der Senat hervor, dass dieses allgemein übliche Sprachverständnis sowie der entsprechende Sprachgebrauch nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass grammatisch maskuline Personenbezeichnungen, die sich auf jedes natürliche Geschlecht beziehen, vor dem Hintergrund der seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts diskutierten Frage der Benachteiligung von Frauen durch Sprachsystem sowie Sprachgebrauch als benachteiligend kritisiert und teilweise nicht mehr so verständlich als verallgemeinernd empfunden werden, wie dies noch in der Vergangenheit gewesen sein mag. Denn ungeachtet dessen sei bei Äußerungen staatlicher oder staatlich kontrollierter Stellen weiterhin grundsätzlich vom allgemein üblichen Sprachgebrauch, der das sog. generische Maskulinum umfasst, auszugehen. Dies entspreche der Personenbezeichnungen in zahlreichen Gesetzen, insbesondere auch den Formulierungen im Grundgesetz sowie in Normen, die für Bankgeschäfte relevant sind.

SEMINARTIPP

Risiko Kontoführung & Zahlungsverkehr, 19.11.2018, Frankfurt/M.

PRAXISTIPP

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist begrüßenswert. Dies deshalb, weil die betroffene Sparkasse durch die Verwendung des generischen Maskulinums ihre Kunden ganz allgemein unabhängig von ihrem weiblichen, männlichen oder neutralen Genus ansprechen und diese in keinster Weise aufgrund ihres Geschlechts benachteiligen, belästigen oder sonst wie herabwürdigen wollte. Insofern ist es auch nur nachvollziehbar, dass der Bundesgerichtshof sowohl einen Verstoß gegen § 21 Abs. 1 AGG als auch einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht i. S. v. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 GG abgelehnt hat.

Nachdem der Bundesgerichtshof seine Entscheidung ausweislich der Rn. 38 zunächst nur auf Äußerungen staatlicher oder staatlich kontrollierter Stellen, wozu auch die Sparkassen gehören, beschränkt hat, ist unklar, ob der Bundesgerichtshof zum selben Ergebnis gelangt wäre, wenn nicht eine Anstalt des öffentlichen Rechts wie die Sparkasse, sondern eine Privatbank betroffen gewesen wäre, wofür jedoch alles spricht. Denn der allgemein übliche Sprachgebrauch dürfte nicht davon abhängig sein, ob private Kreditinstitute oder Sparkassen das generische Maskulinum in ihren Formularen und Dokumenten verwenden.



Beitragsnummer: 612

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