Freitag, 14. Februar 2020

Banksteuerung im Fokus von Aufsicht und Revision

Umgang der Internen Revision mit aktuellen Steuerungsthemen

Thomas Maurer, Leiter Interne Revision, Münchner Bank eG

 

Die aktuellen Entwicklungen im wirtschaftlichen, politischen und aufsichtsrechtlichen Umfeld der Kreditinstitute sollten Anlass geben, auch teilweise jahrelang etablierte Verfahren und Methoden in der Banksteuerung zu hinterfragen und anlassbezogen zu modifizieren. Die Interne Revision kann im Rahmen ihrer Prüfung der Gesamtbanksteuerung hier wertvolle Impulse geben. Nachstehend wird dies an drei Beispielen veranschaulicht.

 

Zinsbuchsteuerung

 

Die meisten Regionalbanken steuern ihr Zinsbuch klassisch nach der Methode der gleitenden Durchschnitte. In aller Regel wird hierbei ein Betrachtungszeitraum von zehn Jahren zu Grunde gelegt. Dieser Ansatz bedeutet, dass die Banken versuchen, über zehn Jahre einen möglichst ausgeglichenen Cashflow zu generieren, um planbare und sichere Zinserträge vereinnahmen zu können. Vereinfacht dargestellt werden in diesem Modell die Fälligkeiten des laufenden Jahres wieder in einem Zeitraum von zehn Jahren angelegt. Vor Hintergrund der seit Jahren andauernden, und sich aktuell erneut verschärfenden Phase mit Negativzinsen stellt sich zunehmend die Problematik, dass die Bank auch in Laufzeitbändern mit negativen Zinsen anlegen müsste. Dies würde jedoch kein rational handelnder Kaufmann in der Praxis tatsächlich umsetzen, da damit praktisch Vermögen vernichtet wird. Somit müssen in der Zinsbuchsteuerung neue Ansätze diskutiert werden. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, den gleitenden Zehn-Jahres-Zeitraum um die negative Laufzeitbänder nach hinten zu verschieben und erst in den positiv verzinsten Zeiträumen anzulegen. Da aber mittlerweile bereits fast die ersten zehn Jahre im Negativbereich liegen, sind sehr lange Anlagehorizonte die Folge. Parallel dazu wird logischerweise die Geldaufnahme auf die negativ verzinsten Laufzeitbänder verlagert, um damit paradoxerweise ebenfalls Zinserträge zu erwirtschaften. Eine Nebenwirkung dieser Methode ist allerdings, dass zur Umsetzung ein nicht unbeträchtliches Derivatevolumen aufgebaut werden muss, um den Cashflow steuern zu können. Hierfür müssen die technischen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Abbildung im Jahresabschluss und im Meldewesen gewährleistet sein. Zudem muss in allen tangierten Fachbereichen das erforderliche Know-how aufgebaut werden.

 

Umsetzung des RTF-Leitfadens der Aufsicht

 

Dieser stellt darauf ab, dass die Institute sowohl die normative (aufsichtsrechtliche) als auch die ökonomische (barwertige) Risikotragfähigkeit berechnen und die jeweiligen Wechselwirkungen darstellen und bewerten müssen. Auch wenn sich einige IT-Dienstleister noch schwertun, die technischen Voraussetzungen herzustellen, müssen die Institute das Thema intern auf die Tagesordnung setzen und die erforderlichen Schritte einleiten. Bei der ökonomischen Betrachtung wird das Gesamtvermögen der Bank auf Basis einer barwertigen Betrachtung ermittelt. De facto wird damit der Liquidationsansatz umgesetzt, da es keine stillen Reserven und Lasten mehr gibt und alles auf aktuellen Barwerten berechnet wird. Auch das Risiko wird barwertig ermittelt. Die Geschäftsleitung ist nunmehr gefordert, sich mit der Systematik auseinanderzusetzen und ihren Risikoappetit neu zu definieren und über ein barwertiges Limitsystem umzusetzen. Gewöhnen müssen sich alle betroffenen Bankmitarbeiter und Vorstände an neue Risikodimensionen. Die hierbei ermittelten übersteigen die nach bisheriger Lesart ermittelten Beträge deutlich, auch wenn das tatsächliche Risiko durch die neue Darstellung allein natürlich nicht verändert wird. Die Interne Revision sollte sich frühzeitig in das Thema einarbeiten und ein eventuell hierzu initiiertes Projekt von Anfang an aktiv begleiten.



 

Auswirkungen des Coronavirus

 

Die Meldungen sowie die Hysterie rund um das Coronavirus überschlagen sich geradezu. Auch wenn vor Panikmache gewarnt werden sollte, sind erste Auswirkungen auf die Realwirtschaft nicht mehr wegzudiskutieren. In den Banken sollte dies eine anlassbezogene Risikoinventur nach sich ziehen, in der die Auswirkungen auf die verschiedenen Risikoarten analysiert werden. Firmenkunden werden je nach Geschäftsmodell und Märkten, in denen sie tätig sind, teilweise betroffen sein. Somit sollten für diese Engagements Bestandsaufnahmen im Sinne der MaRisk veranlasst werden. In diesen ist die Anfälligkeit für Einbußen auf Grund des Virus zu analysieren. Dem sollte die Verlusttragfähigkeit des jeweiligen Unternehmens gegenübergestellt werden. Auf Basis dieser Ergebnisse ist über ein möglicherweise erforderliches Downgrade im Rating zu entscheiden. Auch bei Neuanträgen sollte dieser Aspekt in der Kreditwürdigkeitsprüfung ein fester Bestandteil werden. Auch die Auswirkungen auf das operationelle Risiko durch Mitarbeiterausfälle, Filialschließungen und Quarantänemaßnahmen von Behörden sollten einer intensiven Würdigung unterzogen werden. Eine temporäre Erhöhung des Risikos erscheint angemessen und auch erforderlich. Die Interne Revision sollte ebenfalls eine anlassbezogene Risikoanalyse durchführen und prüfen, ob der Prüfungsplan im Hinblick auf dieses neue Risiko angepasst werden muss.

 

PRAXISTIPPS

  • Überprüfen Sie Ihre Zinsbuchsteuerung auf mögliche Optimierungsmaßnahmen, um eine sachgerechte Zinsbuchsteuerung im Niedrigzinsumfeld sicherzustellen.
  • Beschäftigen Sie sich frühzeitig und intensiv mit der Umsetzung des aktuellen RTF-Leitfadens der Aufsicht.
  • Stellen Sie sicher, dass das erforderliche Know-how hierfür rechtzeitig aufgebaut wird.
  • Überprüfen Sie die Auswirkungen des Coronavirus auf die Risikolage Ihres Instituts.
  • Führen Sie nach Möglichkeit eine anlassbezogene Risikoinventur durch.
  • Überprüfen Sie die Risikoanalyse der Internen Revision und passen Sie den Prüfungsplan gegebenenfalls risikoorientiert an.

Beitragsnummer: 6217

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