Christof Blauß, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Blaich und Partner, Stuttgart.
I. Vorbemerkung/Problemstellung
Negativzinsen haben in rechtlicher Hinsicht ganz erhebliche Auswirkungen auf das Aktiv- und Passivgeschäft der Banken. Fraglich ist nicht nur, unter welchen Voraussetzungen sog. „Verwahrentgelte“ auf Sichteinlagen verlangt werden können, sondern auch, wie im Aktivgeschäft Zinsänderungen zu behandeln sind.
Seit 2014 müssen Kreditinstitute für ihre Einlagen bei der EZB Negativzinsen bezahlen. Die Maßnahmen der EZB führten dazu, dass auch die für das Bankgeschäft maßgeblichen Referenzzinssätze Euribor und Libor seit 2015 „negativ“ sind[1].
Während sich Gebietskörperschaften, aber auch börsennotierte Konzerne durch die aktuelle Kapitalmarktsituation gegen eine sog. „Negativrendite“ mit „billigem Geld“ am Kapitalmarkt eindecken können[2], leiden insbesondere kleinere regionale Kreditinstitute unter der Geldmarktpolitik der EZB. Immer mehr Banken sehen sich daher genötigt, drohende Verluste im Aktiv- und Passivgeschäft durch sog. „Negativzinsen“ zu kompensieren. Nach einer Veröffentlichung des Magazins „Focus“ verlangten im Januar 2020 bereits 86 Banken und Sparkassen deutschlandweit Negativzinsen auf Guthaben, die je nach Kreditinstitut Freibeträge zwischen 50.000,00 € oder einer Mio. € überstiegen[3]. Zwischenzeitlich soll nach verschiedenen Medienberichten[4] das Bundesministerium der Finanzen die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Negativzinsen durch die Kreditwirtschaft prüfen.
Tatsächlich werden die Banken im Passivgeschäft nicht bei allen Einlagegeschäften zukünftig Negativzinsen verlangen können. Auch stellt sich im Aktivgeschäft die Frage, ob zugunsten des Kunden ein Negativzins in Betracht kommen kann, wenn der Referenzzins negativ ist.
II. Negativzins im Passivgeschäft
1. Sichteinlagen [...]
Beitragsnummer: 6421
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