Sonntag, 31. Mai 2020

Zinsanpassungsklauseln in Sparverträgen

Aktuelle Fragen zur ergänzenden Vertragsauslegung.

Dr. Tilman SchultheißRechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner.


Nachdem insbesondere aufgrund der bei dem OLG Dresden anhängigen und nun in einem ersten Fall entschiedenen Musterfeststellungsklagen[1] die Zinsanpassungsklauseln (ZAK) nicht nur der deutschen Sparkassen in den Fokus einer durchaus voreingenommenen Öffentlichkeit gerückt sind, hat sich jüngst auch die BaFin mit einer fragwürdigen Publikation[2] dazu positioniert[3]. Hierbei werden Grundsätze der BGH-Rechtsprechung zur ergänzenden Vertragsauslegung bei unwirksamen oder fehlenden ZAK[4] leider überwiegend unreflektiert und pauschal auf sämtliche Sparverträge übertragen. 

 

Zu diskutieren ist insoweit nicht nur Frage, ob diese BGH-Rechtsprechung überhaupt auf sämtliche Varianten von Sparverträgen anwendbar ist und welche Gründe ggf. dagegen sprechen, sondern auch der Inhalt dieser BGH-Rechtsprechung, da jener aufgrund der aktuellen Situation auf dem Zinsmarkt sowie aus verschiedenen weiteren Gründen nicht mehr haltbar, mindestens aber überdenkenswert erscheint. Die kritische Auseinandersetzung mit der aufsichtsrechtlichen Dimension ist demgegenüber Gegenstand anderer Beiträge, auf welche verwiesen werden soll[5].

 

I. Kontrollfähigkeit und Kontrollparameter von ZAK

Die Wirksamkeit von ZAK ist am Maßstab der §§ 307 ff. BGB überprüfbar. Hierbei ist allerdings zu differenzieren: Die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes[6] an sich ist ebenso wie der anfängliche Vertragszins[7] als Preisregelung der AGB-Kontrolle entzogen (§ 307 Abs. 3 BGB).[8] Fehlt es an der Vereinbarung eines variablen Zinssatzes, so kommt die nachfolgend beschriebene, ergänzende Vertragsauslegung ohnehin von vornherein nicht in Betracht.

Eine (wie in aller Regel) formularmäßig vereinbarte ZAK unterliegt hingegen der AGB-Kontrolle, da es sich hierbei nach der BGH-Rechtsprechung nicht um eine Preisregelung, sondern um eine Preisnebenabrede in Gestalt der Einräumung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes (§ 315 BGB) des Kreditinstituts handelt[9]. Ob die ZAK explizit als solche beschrieben ist (z. B. in den meisten Verträgen ab 2005) oder ob sich die ZAK lediglich implizit aus der Vereinbarung des variablen Zinssatzes (z. B. bei der Formulierung „z. Z. verzinst mit … % p.a.“) ergibt, ist bei dieser Beurteilung nicht entscheidend. [...]
Beitragsnummer: 6452

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