Dienstag, 19. Juni 2018

Insolvenzrechtliche Zulässigkeit einer im Eröffnungsverfahren erfolgten Umschuldung

Eduard Meier, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

Mit Urt. v. 19.04.2018 (Az. IX ZR 230/15) hat der IX. Zivilsenat mehrere, bislang offene Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer im Zeitraum der Krise und späteren Insolvenz erfolgenden Umschuldung geklärt und dabei insbesondere umfassend zur Wirksamkeit einer in diesem Rahmen vorgenommenen Grundschuldübertragung an die ablösende Bank sowie dem entsprechenden Abschluss einer neuen Sicherungsvereinbarung Stellung genommen.

Insoweit hat der Bundesgerichtshof zunächst entschieden, dass der Insolvenzschuldner sich im Eröffnungsverfahren auch nach Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes nach § 21 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 InsO grundsätzlich noch wirksam im Wege eines Sicherungsvertrages gegenüber der ablösenden Bank verpflichten kann, da es sich insoweit nicht um eine – nach den §§ 24 Abs. 1, 81 Abs. 1 InsO grundsätzlich unwirksame – Verfügung handelt. Ebenso wenig liegt in dem aufgrund der Auszahlung des Darlehens eintretenden Verlusts der Einrede der fehlenden Valutierung eine solche Verfügung des Insolvenzschuldners, sondern lediglich ein sonstiger Rechtserwerb nach dem – im Eröffnungsverfahren nicht anwendbaren – § 91 Abs. 1 InsO.

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Neues Insolvenzrecht für Unternehmensgruppen, 12.11.2018, Frankfurt/M.

Zahlt die ablösende Bank die Darlehensvaluta ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters an den Insolvenzschuldner aus, so tritt trotz des angeordneten Zustimmungsvorbehaltes eine Erfüllung gleichwohl dann ein, wenn der Bank gem. § 82 S. 1 InsO zum Zeitpunkt der Zahlung die Eröffnung des Verfahrens nicht positiv bekannt war. Auch kann die ablösende Bank die bestehende Grundschuld dinglich wirksam von dem bisherigen Sicherungsnehmer erwerben, selbst wenn die entsprechende Abtretung auf Anweisung des nicht mehr verfügungsberechtigten Insolvenzschuldners erfolgt, da zur entsprechenden Übertragung eine Verfügung des Schuldners überhaupt nicht erforderlich ist.

Eine nach § 81 Abs. 1 InsO unwirksame Verfügung über einen Gegenstand der Insolvenzmasse liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes jedoch dann vor, wenn der Insolvenzschuldner nach Eintritt der Verfügungsbeschränkungen den bisherigen Haftungsumfang der Grundschuld durch eine neue Sicherungsvereinbarung erweitert und hierdurch eine im Verhältnis zur bisherigen Sicherungsvereinbarung weitergehende Valutierung der Grundschuld ermöglicht. Die ablösende Bank kann sich diesbezüglich auch nicht auf einen Gutglaubensschutz nach §§ 892, 893 BGB berufen, da diese weder für den Abschluss noch eine Änderung des Sicherungsvertrages gilt.



Beitragsnummer: 702

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