Andreas Gertz, Kreditrevisor, Abt. Kreditrevision, Sparkasse Essen
Im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit untersucht die Revision regelmäßig Engagements, die erhöhte Ausfallrisiken ausweisen, bislang aber noch nicht wertberichtigt sind. Ziel dieser Prüfung ist die Quantifizierung von Ausfallpotentialen. Zu diesen Engagements gehören regelmäßig:
- alle Sanierungs- und Intensivbetreuungsfälle, deren wirtschaftlicher Blankoanteil einen vorher definierten Betrag überschreitet,
- alle Engagements, die durch eine ggf. durchgeführte externe Prüfung als erhöht risikobehaftet eingeschätzt worden sind,
- alle Engagements mit weit unterdurchschnittlichen Ratings in Verbindung mit einem vorher festgelegten (Mindest-)Blankorisiko sowie alle
- Engagements mit individueller Risikoeinschätzung durch Betreuer oder Marktfolge.
Zur
Quantifizierung des EWB-Potentials empfiehlt sich die möglichst weitgehende Überprüfung der
selektierten Engagements.
Für die Analyse der ausfallgefährdeten Engagements ist zunächst das aktuelle Obligo zu ermitteln. Ob auf die Gruppe verbundene Kunden oder auf den Betreuungsverbund abgestellt wird, ist im Einzelfall zu entscheiden.
SEMINARTIPPS
EWB-Prozesse, 08.10.2018, Köln.
Kredit-Jahrestagung 2018, 12.–13.11.2018, Berlin.
Automatisierte EWB-Sicherheiten-Prüfungen, 03.12.2018, Frankfurt/M.
Zur Ermittlung eines eventuellen EWB-Bedarfs ist die Besicherung zu untersuchen. Die Bewertung der Sicherheiten hat hierbei nach den voraussichtlichen realisierbaren Verwertungserlösen zu erfolgen. Sofern die Sicherheitenbewertungen nicht aktuell sind, ist die kurzfristige Anpassung der Sicherheitenwerte auf Basis aktueller Wertgutachten (z. B. bei Immobilien) oder Expertenschätzungen (z. B. bei Sicherungsübereignungen) erforderlich.
Ein potentieller EWB-Bedarf wird im Regelfall der Differenz zwischen den aktuellen Inanspruchnahmen und dem aggregierten Realisationswert aller Sicherheiten sein. Von diesem Regelfall ist abzuweichen, sofern der Kunde noch weitere teilweise Tilgungsanteile erbringen kann.
Die Notwendigkeit einer EWB-Bildung kann systematisiert nach folgender Entscheidungsmatrix überprüft werden:
Kundennummer: ______________________________________ | Kundenname: ___________________________________ |
Zutreffendes bitte ankreuzen | Gesamtpunktzahl |
Kriterium | Hinweise/Erläuterungen | | |
Engagement gekündigt bzw. eingeleitetes Insolvenzverfahren | 50 | |
Dauernde Verlustsituation | z. B. negatives Betriebsergebnis lfd. Jahr/Vorjahr | 25 | |
Bedienbarkeit nicht gegeben | z. B. Rückstände/Überziehungen, Kapitaldienstrechnung ergibt Unterdeckung | 25 | |
Überschuldung/Unterbilanz | Vermögen deckt Verbindlichkeiten nicht ab; bei Privatpersonen Vermögensstatus beachten; | 25 | |
Fehlende zeitnahe Informationen | § 18 KWG resp. interne Offenlegung nicht erfüllt, keine aktuellen BWAs usw. | 10 | |
Zwangsmaßnahmen Dritter | Pfändungen etc. | 10 | |
Ab einem Punktwert von mindestens 50 ist eine EWB zu bilden.
Ergebnis: EWB erforderlich : EWB nicht erforderlich:
PRAXISTIPPS
- Eine EWB-Prüfung sollte auch die Untersuchung erhöht risikobehafteter, aber noch nicht wertberichtigter Engagements erfassen. So besteht die Möglichkeit, weiteres Wertberichtigungspotential festzustellen.
- Diese Überprüfung sollte grundsätzlich vor der Erstellung des Jahresabschlusses erfolgen.
- Um die Notwendigkeit einer EWB-Bildung zu systematisieren, empfiehlt sich die Nutzung einer (eindeutigen!) Entscheidungsmatrix. In Abhängigkeit bestimmter Punktwerte – die wiederum bestimmten Kriterien zugeordnet sind – kann ein EWB-Bedarf hergeleitet werden.
- Die Kriterien dieser Entscheidungsmatrix sollten i. w. auf unzureichende Liquiditäts-, Rentabilitäts- oder Kapitalaspekte abzielen.
Beitragsnummer: 728