Keine Belehrung über das einzuhaltende Kündigungsverfahren bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen
Dr. Nicolai-Anselm von Holst, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner
Im Anschluss an das Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 28.09.2017, Az. 2-21 O 213/17, hat auch das Landgericht Berlin mit Urt. v. 06.06.2018, Az. 37 O 244/17, entschieden, dass bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen i. S. d. § 503 BGB eine Belehrung über das einzuhaltende Kündigungsverfahren gem. § 492 Abs. 2 BGB a.F. i. V. m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB nicht erforderlich ist. Das Gericht führt insoweit aus, dass Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB eine Sonderregelung für Immobiliar-Verbraucher-darlehensverträge enthalte. Diese Sonderregelung habe zur Folge, dass bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen eine Belehrung über das Kündigungsverfahren nicht zwingend sei, es sich mithin nicht um Pflichtangaben handle.
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PRAXISTIPP
Die Rechtsauffassung des Landgerichts Berlin ist zutreffend. Der Gesetzgeber hat zum 21.03.2016 die Wohnimmobilienkreditrichtlinie umgesetzt. In diesem Zuge wurden auch die Regelungen zu den Pflichtangaben für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge in Art. 247 § 9 gestrichen und § 6 EGBGB (Vertragsinhalt) angepasst und in Abs. 1 zwei weitere Sätze angefügt; entscheidend ist dabei der neue Satz 2:
„Bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag sind abweichend von Satz 1 nur die in § 3 Absatz 1 Nummer 1 bis 7, 10 und 13 sowie Absatz 4 genannten Angaben zwingend.“
Damit sind bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen aus Art. 247 § 3 Abs. 1 EGBGB die Angaben zu den folgenden Nummern erforderlich:
1. Namen und die Anschrift des Darlehensgebers,
2. Art des Darlehens,
3. effektiver Jahreszins,
4. Nettodarlehensbetrag,
5. Sollzinssatz,
6. Vertragslaufzeit,
7. Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen,
10. alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können,
13. Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts.
Durch die Formulierung „
abweichend von“ macht der Gesetzgeber deutlich, dass auf die in Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB enthaltenen Vertragsangaben bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen hingegen nicht verwiesen wird, soweit Satz 2 dies nicht vorgibt. Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen müssen gem. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB mithin folgende Angaben
nicht gemacht werden:
1. die in § 3 Abs. 1 Nr. 8, 9, 11, 12 und 14 bis 16 genannten Angaben,
2. Name und Anschrift des Darlehensnehmers,
3. die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde,
4. Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan nach § 492 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
5. das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags,
6. zu sämtlichen weiteren Vertragsbedingungen.
Dies entsprach bereits der Gesetzeslage vom 11.06.2010 bis zum 20.03.2016 und ergab sich aus Art. 247 § 9 EGBGB a.F., der zum 21.03.2016 außer Kraft getreten ist:
„Bei Verträgen gemäß § 503 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind in der vorvertraglichen Information und im Verbraucher-Darlehensvertrag abweichend von den §§ 3 bis 8, 12 und 13 die Angaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4 und nach § 8 zwingend.“
Auch in Art. 247 § 9 wurde nicht auf § 6 EGBGB verwiesen. Auch vor dem 21.03.2016 waren die Angaben aus Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB – u. a. zum Kündigungsrecht – also keine Pflichtangaben.
Mit den Übergangsbestimmungen in Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Ausschlussregelung des neuen Art. 247 Abs. 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auf alle Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge Anwendung findet, die vor dem 21.03.2016 (also dem Inkrafttreten des Gesetzes) abgeschlossen wurden.
„Dieses Gesetz und das Bürgerliche Gesetzbuch jeweils in der bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung sind vorbehaltlich des Absatzes 2 auf folgende Verträge anzuwenden, wenn sie vor dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden:
1. Verbraucherdarlehensverträge und Verträge über entgeltliche Finanzierungshilfen,
2. Verträge über die Vermittlung von Verträgen gemäß Nummer.“
Soweit 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB also früher formuliert hatte,
„Der Verbraucherdarlehensvertrag muss klar und verständlich folgende Angaben enthalten:
5. das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“
ist diese Angabe weiterhin für alle vor dem 21.03.2016 geschlossene
Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge
nicht zwingend. Die Angabe zu dem Kündigungsverfahren war und ist keine Pflichtangabe.
Beitragsnummer: 737