Dienstag, 7. August 2018

Bessere Preise im Kreditgeschäft

Individuelles Kreditpricing – ein Weckruf

Dr. Peter Klenk, Senior Manager | Pricing, zeb München

Die Aufmerksamkeit des Managements für 1) bessere Kreditpreise, 2) Kreditvolumina und 3) Kreditprozesskosten sind in der Bankpraxis oft genau umgekehrt proportional zu deren Gewinnwirkung. Angesichts historisch niedriger Neugeschäftskonditionen amortisiert sich die Investition in ein stärkeres Big-Data-getriebenes Vorgehen sehr schnell und kann die bankweite Preisdurchsetzung im Kreditvertrieb deutlich verbessern.

Situation und Herausforderung

Zinserträge sind für den deutschen Bankenmarkt und besonders den Regionalbankensektor die dominierende Ertragsquelle mit i. d. R. gut 70–75 % der gesamten Erträge. Und dies, obwohl sich Neugeschäftsmargen auf aktuell sehr niedrigem Niveau eingependelt haben und Konditionenvergleiche für interessierte Verbraucher/Nicht-Verbraucher mittlerweile deutlich einfacher sind.

Umso erstaunlicher erscheint es, dass die Weiterentwicklung des Kreditpricings noch deutlich im Schatten typischer Preismaßnahmen im Umfeld von Konto- und/oder Depotmodellen steht, die in Sachen Preis-/Leistungsdifferenzierung mittlerweile bei vielen Banken und Sparkassen einen recht ausgereiften Stand erreicht haben.

SEMINARTIPP

Innovative Preisstrategien für mehr Ertrag in Regionalbanken, 17.10.2018, Frankfurt/M.

Demgegenüber fokussiert die typische (Vor-)Kalkulation einer privaten Baufinanzierung oder eines gewerblichen Darlehens sehr stark auf „Produktionskosten“ (Einstand, Risikokosten, Personal-/Sachkosten, Eigenkapital- und Liquiditätskosten, Optionsprämien etc.) sowie einen i. d. R. undifferenzierten „Gewinnanspruch“. Unterschiedliche Zahlungsbereitschaften von Kreditnehmern (= Kunden) werden dagegen nicht berücksichtigt – so als würde man vereinfacht ein iPhone mit 250 € Produktionskosten einheitlich für 290 € als Endkundenpreis anbieten (Vgl. Hasken/Klenk, Bankinformation 2014; Klenk/Zikmund, Betriebswirtschaftliche Blätter 2015).

In der Bankpraxis führt dies zu aus Ertragssicht sehr unbefriedigenden Ergebnissen/Geschäftskonstellationen – eine Auswahl:

  • Nettomargen-Unterschiede zwischen dem obersten Quantil (Top 20 %) und den unteren 20 % liegen in ein und demselben Produktfeld/Laufzeitband oft 150–200 Basispunkte auseinander und zeigen eine sehr inhomogene Preisdurchsetzung.
  • Rundum-Sorglos-Pakete in der privaten Baufinanzierung (z. B. mit 10 %-Sondertilgungsoption, üppiger bereitstellungsfreier Zeit etc.) werden deutlich zu günstig oder gar nicht verkauft.
  • Volumen-/Laufzeitkombinationen sind im Firmenkundengeschäft – gerade bei mittelgroßen Finanzierungen bis max. zwei Mio. € – oft nicht adäquat bepreist und bieten deutliche Preisspielräume, sofern Größenklassen und Laufzeitdifferenzierung besser aufeinander abgestimmt werden.
  • Für besonders nachgefragte Produktvarianten/-parameter existieren keine differenzierten Gewinnansprüche (= Nettomargen).
  • Eine typische Vorkalkulation stellt zudem wenig ambitionierte „Preisanker“ bereit, die darüber hinaus keine zusätzlichen Informationen für eine (mögliche) höhere Zahlungsbereitschaft beinhalten
  • Eine systematische Messung der Preisdurchsetzung unterbleibt und damit können Rückschlüsse auf ggf. zu breite Kompetenzrahmen oder mögliche Vertriebsintensivierungen nicht erkannt werden.
  • Bereits in der Bank oder Sparkasse vorhandene Informationen zu Kunden (-segmenten), deren sonstiger Produktnutzung, Vertriebskanälen, regionalen Marktgebieten etc. werden nicht für das Pricing nutzbar gemacht.

Lösung – differenzierte Steuerung individueller Zusatzmargen

Einen Ausweg bietet eine differenzierte Ableitung und Steuerung individueller Zusatzmargen. Hierfür ist in einem ersten Schritt zu analysieren, was in einer Bank oder Sparkasse unterschiedliche Nettomargen erklärt. Oder mit anderen Worten: existieren Kunden-, Produkt- und/oder Wettbewerbsmerkmale, die eine inhomogene Preisdurchsetzung statistisch signifikant nachvollziehbar machen?

Je nach vorliegender Stückzahl/Mengengerüste der betrachteten Kreditproduktvarianten kommt das gesamte statistische Instrumentarium in Betracht, z.B. Mittelwertvergleiche, Faktoren-/Clusteranalysen oder auch Regressionsanalysen. In einem zweiten Schritt ist zu bestimmen, wie derartige Merkmale als „Margentreiber“ mit Zu- oder Abschlägen in die (Vor-)Kalkulation integriert werden und als Basis für einen Sonderkonditions-Workflow dienen können. Dieser misst im Ergebnis „echte“ Preisdurchsetzung und nicht – wie aktuell oft üblich – die mangelnde Marktkonformität der bestehenden Vorkalkulation.

Zusammenfassung/PRAXISTIPPS

  • Entwickeln Sie Thesen, welche Kunden-, Produkt- und Wettbewerbsmerkmale bei Ihnen für unterschiedliche Nettomargen verantwortlich sind und überprüfen Sie diese.
  • Passen Sie Ihr Konditionentableau/Ihre Kalkulationslogik so an, dass gewünschte Effekte über entsprechende Zu-/Abschläge „eingepreist“ werden.
  • Nutzen Sie hierzu die bestehenden technischen Möglichkeiten in Ihren Vorkalkulations-Modulen („Zusatzdaten“ in MARZIPAN, „Konditionenregelwerk“ in agree21 etc.).
  • Messen Sie regelmäßig Ihre Preisdurchsetzung im Aktivgeschäft und verankern Sie die Ergebnisse als wichtigen Agenda-Punkt Ihrer Vertriebsdialoge („Preisdialog“).



Beitragsnummer: 799

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