Freitag, 15. Juni 2018

Prüfung der Wirksamkeit institutsinterner Analysen von Kredit-Teilportfolien

Dominik, Leichinger, Prüfungsleiter, Referat Bankgeschäftliche Prüfungen 2, Deutsche Bundesbank, Hauptverwaltung in NRW

Die in diesem Aufsatz vertretenen Auffassungen geben die persönliche Meinung des Autors wieder und sind nicht notwendigerweise Positionen der Deutschen Bundesbank oder einer anderen Bankenaufsichtsbehörde.

Sowohl die vollständige Analyse des Kreditportfolios als auch Detailanalysen mit bestimmtem Fokus werden von den Instituten eingesetzt, um zum einen Rahmenbedingungen der Prozesssteuerung und Portfoliostruktur innerhalb des Kreditbereichs festzulegen. Zum anderen werden Portfolioanalysen für Überprüfungszwecke herangezogen, auf deren Basis eine Beurteilung der Effektivität im Rahmen der Kreditprozesse verankerter Prozesskontrollen stattfindet (Bewertung der Wirksamkeit des IKS). Neben standardisierten Auswertungen, die innerhalb der Verbundorganisationen der deutschen Kreditwirtschaft von zentraler Stelle bereitgestellt werden, nehmen Institute teilweise auch individuell auf ihr Kreditportfolio zugeschnittene Auswertungen vor. In diesem Zusammenhang bedienen sich die Institute oftmals Auswertungsmöglichkeiten basierend auf Tabellenkalkulationsanwendungen oder verschiedenster Datenbanksoftware. Je nach Umfang, Komplexität und Weiterverarbeitung der Analyseergebnisse sind die „Auswertungsanwendungen“ als individuelle Datenverarbeitung (IDV) zu klassifizieren.

Die Untersuchung der Portfoliostruktur zielt primär darauf ab, Risikokonzentrationen zu identifizieren und geeignete Strukturlimite festzulegen, die eine Steuerung des Kreditportfolios innerhalb des von der Geschäftsleitung festgelegten Risikoappetits gewährleistet.

Im Rahmen der Prozesssteuerung dienen die Erkenntnisse aus der Portfolioanalyse insbesondere der Abgrenzung zwischen risikorelevantem und nicht risikorelevantem Kreditgeschäft sowie der Festlegung von Größenordnungen, ab derer Kreditsicherheiten turnusmäßig überprüft werden.

Für Zwecke der Überprüfung der Wirksamkeit des IKS können Teilportfolien untersucht bzw. Detailanalysen mit Fokus auf einzelne Ausprägungen innerhalb des Kreditportfolios vorgenommen werden. Neben der Aktualität von Ratings oder der diesen zugrunde liegenden Informationen kann weiterhin der korrekte Einsatz der Risikoklassifizierungsverfahren bezüglich des Anwendungsbereichs überprüft werden. Des Weiteren lässt sich die Wirksamkeit und Trennschärfe des in einem Institut eingesetzten Frühwarnsystems im Kreditbereich über Portfolioauswertungen überprüfen. Darüber hinaus bietet die systematische Auswertung von Verwertungserlösen bei Kreditsicherheiten einen Überprüfungsansatz zur Beurteilung der Angemessenheit der Prozesse zur Bewertung von Kreditsicherheiten. Die vorgenannten Möglichkeiten zur Überprüfung des IKS innerhalb der Kreditprozesse stellen lediglich einen beispielhaften Ausschnitt potenzieller Kontrollhandlungen dar.

 SEMINARTIPPS

Einsatz von Spezialfonds – Fluch & Segen, 20.11.2018, Köln.

Prüfung Depot A-Geschäft, 21.11.2018, Köln.


Die Wirksamkeit der dargestellten Analysetätigkeiten hängt gleichermaßen von der Verfügbarkeit auswertbarer Daten und der Datenqualität ab. Beide Aspekte wurden mit der Novellierung der MaRisk 2017 und der Aufnahme von regulatorischen Anforderungen gem. BCBS 239 (Anforderungen an die Aggregation von Risikodaten) stärker in den aufsichtlichen Fokus gerückt. Die in diesem Zusammenhang in die MaRisk überführten regulatorischen Anforderungen bringen deutlich zum Ausdruck, dass eine verlässliche Datenbasis Voraussetzung für ein effektives Risikomanagement ist. Diese umfasst nicht nur ein hohes Maß an Datenqualität als solche, sondern auch ein angemessenes Datenqualitätsmanagement.

Die Wirksamkeit institutsinterner Analysen von Kredit-(Teil)Portfolien ist insofern in besonderem Maße von der Qualität der Daten und den im Institut implementierten Prozessen zur Sicherstellung einer entsprechenden Datenqualität abhängig. Darüber hinaus entscheiden sowohl die Häufigkeit als auch der Umfang der Auswertungen in Bezug auf die Analyseergebnisse über die Wirksamkeit der Portfolioanalyse. Unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells eines Instituts steigen die Anforderungen an fokussierte Analysen mit zunehmender Abhängigkeit des wirtschaftlichen Erfolgs von einzelnen strategischen Geschäftsfeldern. Weiterhin ist die Form der Analyse von entscheidender Bedeutung. Neben dem Automatisierungsgrad der Analysetätigkeit spielen sowohl der vorgenommene Detaillierungsgrad als auch die abschließende Interpretation und Verwendung der Analyseergebnisse eine entscheidende Rolle. Nicht zuletzt stellt der im Zusammenhang mit Portfolioanalysen bestehende Governance-Rahmen ein entscheidendes Beurteilungskriterium dar. Neben Aspekten der Funktionstrennung werden hierunter u. a. auch die Art und Weise der Berichterstattung subsumiert.

PRAXISTIPPS

  • Überprüfung, inwieweit die eingesetzten Verfahren zur Analyse von Portfoliodaten im Kreditgeschäft ein Erfordernis zur Einstufung als IDV begründen.
  • Implementierung angemessener Portfolioauswertungen für kreditprozessuale Überprüfungszwecke und als Ausgangsbasis für eine sachgerechte Prozesssteuerung im Kreditgeschäft.
  • Aufsetzen eines effektives Datenqualitätsmanagements sowie Etablierung von Datenqualitätsroutinen mit hohem Automatisierungsgrad.
  • Regelmäßige Berichterstattung über die aus der Portfolioanalyse gewonnen Erkenntnisse und Sicherstellung einer Rückkopplung auf die Prozesssteuerung im Kreditgeschäft.


Beitragsnummer: 851

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