Mittwoch, 15. August 2018

Kennzahlenvergleich – Herausforderungen & Fallstricke

„Die Schwierigen sind die Einfachen” (Johann Nepomuk Nestroy)

Katja Roos, Referentin Risikomanagement, Sparkasse Heidelberg

Wo liegen wir im Vergleich zu den anderen – eine einfache, elementare Frage. Je nach Themenfeld kann die Antwort darauf vergleichsweise komplex werden. Die Herausforderungen an die Analysen und Analysten wachsen. Denn was auf den ersten Blick eine richtige Aussage darstellt, kann sich bei näherer Betrachtung als irreführend herausstellen.

Betrachten wir den Bereich Risiko. Eine genaue Definition und Beschreibung von Kennzahlen ist unumgänglich. Insbesondere, wenn sie zu Steuerungsimpulsen führen. Die daraus resultierenden Aufgaben werden stetig komplexer. Hierbei rücken das Risikomanagement und die Gesamtbanksteuerung immer mehr in den Fokus. Ausgereifte, belastbare Analysen und umsetzbare Entscheidungsgrundlagen müssen geliefert werden. Belastbar heißt insbesondere, dass auch sämtliche Fallstricke aufgezeigt werden. Vorausgesetzt sind damit umfassende Kenntnisse der angewandten Methoden und Kennzahlen.

Dies gilt in besonderem Maße für Vergleiche, die von externer Seite erstellt werden. Neben der Analyse und Wertung durch die externe Seite müssen die Ergebnisse intern analysiert werden. Aktuelle Beispiele sind das EBA Risk Dashboard oder die Niedrigzinsumfrage der Deutschen Bundesbank. Grundlage für die externen Analysen ist dabei die Abfrage umfangreicher Daten aus dem Kernbankensystem. Das Ergebnis ist eine Komprimierung auf spezifische Kennzahlen.

Beachtung der Peergroup

Um nicht die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen zu vergleichen, muss zunächst die Peergroup definiert werden. Weiterhin ist sicherzustellen, dass alle zumindest annähernd die gleichen Grundlagen verwenden. Der Idealfall wären Institute, die das gleiche Risikomessverfahren mit den gleichen Parametern verwenden. Dieser wird aufgrund der Methodenfreiheit jedoch kaum vorkommen. Somit sollte eine der ersten Fragen beim Kennzahlenvergleich klären, worin die Unterschiede bestehen. Bei externen Abfragen gelten daher eng definierte Rahmenbedingungen, unter denen die Datenlieferung (z. B. von Risikowerten) stattfinden soll.

Unterschiede beginnen schon bei den Grundlagen, gleiche Begriffe können in unterschiedlichen Instituten unterschiedliche Bedeutungen haben. Als Beispiele können Obligo oder risikotragendes Kreditvolumen dienen. Die Transparenz, welche Werte in welche Kennzahlen einfließen und wie diese definiert sind, ist elementar. Dies muss bei der anschließenden Auswertung der Ergebnisse beachtet werden.

Beispiele aus dem Adressenrisiko

Eine breite Kennzahlenlandschaft um Kreditportfolien von Instituten zu vergleichen, bietet die Risikokategorie Adressenrisiko. Ein Standardindikator für einen Vergleich ist der q-Faktor als Unerwarteter Verlust (UL) bzw. VaR in Relation zum Erwarteten Verlust (EL) (q=UL/EL). Auf den ersten Blick bedeutet ein höherer q-Faktor dabei eine größere Konzentration im Portfolio. Doch ist diese Aussage so nicht zwingend richtig. Hat Institut A q=1,5 und Institut B q=2, so kann dies auch bedeuten, dass A einen höheren EL als Ausgangswert hat (höherer Blankoanteil, schlechtere mittlere Bonität). Erst in Kombination mit dem Blankoanteil kann die Aussage von q belastbar werden.

 BUCHTIPP

Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden: Meldewesen. Heidelberg, 2017.


Entwicklungen im Portfolio können etwa durch die Abfrage des EL zum Obligo beobachtet werden. Bei der Analyse der Entwicklung und der anschließenden Darstellung sollte hier jedoch immer auf den Grund der Veränderung eingegangen werden. So können Bonitätsveränderungen, aber auch aktualisierte Sicherheitenquoten, Rekalibrierungen bei Ratingverfahren etc. dazu führen, dass sich die Kennzahl geändert hat. Die auf den ersten Blick einfache Kennzahl EL/Obligo ist somit auf den zweiten Blick durchaus komplex.

Standardisierte Grundlagen als Lösung

Eine Möglichkeit die Vergleichsgrundlagen zu vereinheitlichen, sind standardisierte Vorgaben. Elementare Begriffe wie Obligo, risikotragendes Kreditvolumen, Blankobeträge, etc. gehören hier dazu. Verhältniskennzahlen, die auf diesem Standard aufbauen, können dann besser vergleichbar sein.

 SEMINARTIPPS

(Neu-)Aufbau Meldewesen-IKS, 16.10.2018, Köln.

FINREP-Update für HGB-Bilanzierer, 17.10.2018, Köln.

Deutlich anspruchsvollere Vorgaben für die Kreditportfolio-Steuerung, 19.11.2018, Köln.

Stolpersteine bei Verknüpfung der Kapitalplanung mit der RTF-Planung, 22.11.2018, Köln.

Dieser Ansatz ist aus Kennzahlensicht sicherlich wichtig und bietet auf jeden Fall die Sicherheit der einheitlichen Definition. Er dehnt jedoch - wie die komplexeren Analysen - auch die Bedeutung von institutsindividuellen Besonderheiten weiter aus. Das Wissen über diese Besonderheiten tritt dabei immer weiter in den Vordergrund, um auch hier Fehlsteuerungsimpulse zu vermeiden. Bei statistischen Verfahren wie bspw. Ratingverfahren gibt es meist Überschreibungsmöglichkeiten, um Besonderheiten abzubilden. Gibt es diese Anpassungsmöglichkeiten in der standardisierten Grundlage nicht, so muss die Analysedokumentation entsprechend aussagekräftig sein.

PRAXISTIPPS

  • Prüfen Sie ihre Vergleichsgruppe und inwieweit die Grundlagen gleichlaufend sind.
  • Analysieren und dokumentieren Sie die Besonderheiten des Portfolios und die Auswirkungen auf den Kennzahlenvergleich.
  • Stellen Sie deutlich dar, welche Kennzahlen nur in Kombination eine eindeutige Aussage zulassen.




Beitragsnummer: 852

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