Dr. Jörg Lauer, Rechtsanwalt, langjährige Geschäftsverantwortung im Immobilienfinanzierungsgeschäft im Landesbankenbereich, Hemsbach
I. Einleitung
Bis zum elften Jahr des Aufschwungs an den deutschen Immobilienmärkten sind die Preise für Wohnimmobilien weit verbreitet kontinuierlich gestiegen, die Transaktionsvolumina eilten zu immer neuen Rekorden, die ersten beiden Monate dieses Jahres eingeschlossen. Infolge der starken Nachfrage reduzierten sich im Spitzenbereich die Bruttoanfangsrenditen Anfang 2020 auf Werte zwischen drei und zwei Prozent, sodass auf dem erreichten Preisniveau nach Erwerbsneben- und Bewirtschaftungskosten kaum noch positive Cashflows zu erwirtschaften waren[1]. Mit dem Ausbruch der Corona-Krise in Europa im März reagierten die Aktienmärkte sofort und heftig[2]. Immobilienmärkte laufen hingegen grundsätzlich der Gesamtkonjunktur nach; ihre negative Entwicklung trifft sie normalerweise erst verzögert. Im gewerblichen Bereich jedoch fielen infolge der behördlich angeordneten Schließungen der Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe, aufgrund der starken Einschränkungen im Handel sowie in Teilen des Dienstleistungsbereichs die Umsätze schlagartig weg – mit direkten Einflüssen auf Mietzahlungen der Immobilien-Nutzer. Ungewiss sind die Folgen der Pandemie auf die Preisentwicklung aller Nutzungsarten; bei Wohnimmobilien ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zusätzlich entscheidend.
Interessenten für Wohnimmobilien verhalten sich seit Ausbruch der Krise abwartend, weil sie fallende Preise erwarten; Verkäufer (wie auch Vermieter) möchten hingegen am bisherigen hohen Preisgefüge festhalten. Abgesehen von durchgeführten Transaktionen, die bereits verhandelt waren, wurden neue in den Folgewochen kaum angebahnt. Im ersten Quartal 2020 ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt bereits um 2,2 % zurückgegangen, eine Rezession als Folge der Pandemie hat bereits eingesetzt.
Makroökonomische Faktoren für erfolgreiche Immobilien-Investitionen, für die Cashflow- und damit für die Preis- und Wertentwicklung sind generell:
- die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts,
- die Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung,
- das Zinsumfeld,
- die Angebots- und Nachfragesituation,
- die Inflation,
- die Währungsentwicklung,
- die Rechtssicherheit einschließlich politischer Entscheidungen.
Diesen Kriterien folgt nun die Einschätzung der Marktentwicklung.
II. Die einzelnen Kriterien
1. Wirtschaftliche Entwicklung
Sinken die Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes in zwei aufeinander folgenden Quartalen, wird von einer Rezession gesprochen. Nach dem Rückgang im ersten Quartal 2020 wird ein stärkerer Einbruch für das zweite Quartal prognostiziert[3].Wie schnell und wie stark sich die deutsche Wirtschaft danach wieder erholt, ist solide nicht prognostizierbar; damit kann eine Einschätzung für das dritte Quartal 2020 in der aktuellen Situation nicht seriös vorgenommen werden. Denn unklar ist, [...]
Beitragsnummer: 8907