Thomas Wuschek, Rechtsanwalt, MBA, SanExpert-Rechtsanwalt
In der Vergangenheit waren immer wieder Fragen bezüglich der Bürgschaft Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Dies vor allem in Bezug auf die krasse Überforderung von Ehegatten oder sonstigen nahen Angehörigen.
Inzwischen hat sich der Focus der BGH-Rechtsprechung geändert. Es geht mittlerweile um die Frage, inwieweit Einwendungen, die der Hauptschuldner gegen den Darlehensvertrag geltend machen kann, auch für den Bürgen gelten.
BGH, Urt. v. 23.05.2017, Az.: XI ZR 219/16
Die Klägerin K, ein öffentlich-rechtliches Förderinstitut, schloss mit der L-GmbH einen Vertrag über eine zweckgebundene Zuwendung zur Finanzierung einer Investition zur Erweiterung der Kapazitäten der Gesellschaft.
SEMINARTIPP
Aktuelles aus dem Firmenkundenrecht, 20.02.2019, Frankfurt/M.
Die L-GmbH erhielt insgesamt Zuwendungen von rd. € 590.000,00. Für die Forderung des Förderinstituts gegenüber der L-GmbH haftete der Gesellschafter G im Rahmen einer unbeschränkten persönlichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft.
Im Jahr 2007 erging ein Leistungsbescheid des Förderinstituts, nach dem die L-GmbH einen Betrag in Höhe von € 395.000,00 zurückzuzahlen habe. Dies weil Förderrichtlinien nicht eingehalten worden seien.
Die L-GmbH stellte daraufhin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Das Förderinstitut nimmt G aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch.
Der Bürge G wehrt sich gegen den Anspruch mit der Argumentation, der Rückforderungsbescheid in Höhe von € 395.000,00 sei ermessensfehlerhaft ergangen.
Lösungsmöglichkeit
Ein Bürge kann grundsätzlich sämtliche Einwendungen, die der Hauptschuldner gegen die Hauptforderung besitzt, ebenfalls der Forderung aus der Bürgschaft entgegenhalten.
Dies ist gerade in Bezug auf die Frage der Verjährung zu beachten. Ist die Hauptforderung verjährt, kann der Bürge die Einrede der Verjährung auch in Bezug auf die Bürgschaftsforderung erheben, selbst wenn die Bürgschaftsforderung der Verjährung nicht unterliegt. Vorliegend war von Seiten des Bürgen die Einwendung erhoben worden, dass der Rückforderungsbescheid ermessensfehlerhaft ergangen sei.
Nach der BGH-Rechtsprechung steht dem Bürgen diese Einwendung tatsächlich zu.
Die Bürgschaft sichert der Bank nicht jede durch einen wirksamen Widerrufsbescheid begründete Erstattungsforderung. Eine Sicherung sei nur insoweit gegeben, als das Förderinstitut den Zuwendungsempfänger, die L-GmbH, bei fehlerfreier Ermessensausübung durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt tatsächlich in Anspruch genommen hätte.
Dies sei hier nicht nachgewiesen. Die Klage ging verloren.
PRAXISTIPPS
- Der BGH hat zwischenzeitlich mehrfach betont, dass ein Bürge grundsätzlich sämtliche Einwendungen, die der Hauptschuldner gegen die Hauptforderung hat, ebenfalls entgegenhalten kann.
- Dies ist insbesondere in Bezug auf eine mögliche Verjährung der Hauptforderung durch die Bank präzise zu prüfen.
Beitragsnummer: 909